stieg vor mir das Bild meines Lebens und seiner Er­folge auf. Aber am Morgen war aller Trennungsschmerz überwunden. Zur vereinbarten Stunde stand der Wa­gen an der angegebenen Stelle und erlöste uns von den aufgekommenen Zweifeln. Denn wir hatten weder Dienststelle noch Namen unserer Fahrer notiert und wären machtlos gewesen, wenn man uns versetzt hätte. Unser Wagen fuhr sehr langsam, fast nicht schneller als ein guter Radfahrer; er leistete im besten Falle in der Stunde fünfundzwanzig Kilometer. Erst jetzt ge­wahrten wir, was für einem fragwürdigen Vehikel wir uns anvertraut hatten. Den Treibstoff lieferte ein mit Preß- und Holzkohlen gespeister Generator. Die An­lage versagte häufig. Nach jeder Pause nahm das Wie­deranlaufen stets längere Zeit in Anspruch und spannte unsere Geduld jeweils auf eine harte Folter. Der Wa­gen hatte eine Ladung Benzin für die Polizei von Ber­ lin nach Hof zu bringen. Für den Stand unseres Trans­portwesens und unserer Kriegswirtschaft war dieser Auftrag sehr aufschlußreich. Um etwa eintausend Liter Treibstoff der Bedarfsstelle zuzuführen, mußten ein Oberleutnant und zwei Wachtmeister dreihundertund­fünfzig Kilometer fahren und sechsunddreißig bis acht­undvierzig Stunden mit einem zweifelhaften Transport­mittel unterwegs sein.

Langsam schlich der Wagen auf der Reichsautobahn Berlin- Leipzig- Nürnberg das grüne märkische Vor­land der Hauptstadt entlang, über die sanften Berge des Fläming hinweg. Hin und wieder wurde gehalten, aus Notwendigkeit oder weil der Wagen bockte. Ein Gläschen Schnaps, ein Imbiẞ oder eine Zigarette frisch­ten dann die Lebensgeister wieder auf. Die Sonne sank. Der Abend brach herein. Träumerisch hing mein Blick an der wechselnden Pracht der Farben, die das sin­

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