stratentum opfern zu lassen, waren sie nicht mehr bereit. ,, Je größer der Irrtum, desto gewaltiger der Triumph der Wahrheit!" Dieses Wort von Friedrich Schiller wurde in diesen Tagen wieder wahr. Dieser Triumph wird dem deutschen Volke noch bitter weh und in mancher Beziehung auch unrecht tun, aber er wird es schließlich von einer schweren Krankheit heilen. An diesem Gesundungsprozeß konnte keine Feldjägerei etwas ändern.
Die Abteilung, die in Biesenthal lag, war sonst recht sympathisch, der Hauptmann zeigte sich im Gespräch sehr vernünftig, und auch die Kommandierten, meist Angehörige des Unteroffiziersstandes, waren voll kritischer Einsicht in die wirkliche Lage und ersehnten alle ein rasches Ende. Den Menschenfang betrieben sie ungern und nicht ohne Mitleid für die Ertappten, die sich bei Nacht und Nebel, hungrig, durstig und abgerissen über Feld und Wald von Dorf zu Dorf schlichen. In die glücklichen äußeren Verhältnisse meines Osterbesuches bei Helene Plottke mischte sich ein Tropfen Wermut. Unmittelbar nach meiner Ankunft machte sie mir die Mitteilung, daß der sogenannte deutsche Soldatensender die Nachricht von umfangreichen Verhaftungen ehemaliger früherer Mitglieder der Sozialdemokratie, des Zentrums und der Kommunisten in Öster reich und Bayern verbreitet habe. Die Nachrichten dieses Senders hatten sich meist als zuverlässig erwiesen. Die jetzige Meldung begegnete zudem meinen eigenen Befürchtungen. Auch die ,, Aktion Gitter" hatte im August 1944 zuerst in Süddeutschland und Sachsen eingesetzt und sich erst im Verlaufe einer Woche auf Norddeutschland und Berlin ausgebreitet. Zahlreiche linksgerichtete Politiker, die im Spätsommer 1944 von dieser Aktion erfaßt worden waren, befanden sich noch
202


