Betracht, die, wie die Blockältesten und andere Funk­tionäre, mit ihrer Arbeit nicht an bestimmte Tagesstun­den gebunden waren. Der Sprachlehrer suchte seine Zöglinge, zu denen auch Franz gehörte, im Block auf. Der Unterricht, der zwei- bis dreimal in der Woche stattfand, dauerte immer nur zwanzig bis dreißig Minuten. Einige Male nahm ich auch daran teil, um meine Kenntnisse der französischen und eng­lischen Sprache etwas aufzufrischen. Die meiste Zeit verbrachten wir jedoch mit Diskussionen, die auf ganz anderem Gebiete lagen. Professor Verweyen war im Zusammenhang mit dem Flug von Rudolf Heẞ nach England im Mai 1941 ins Konzentrationslager gebracht worden. Ob er persönliche Beziehungen zu Heß hatte und von diesem Flug wußte oder ob er zum Kreise der Wahrsager und Hellseher um den Stellvertreter Hit­ lers gehörte, weiß ich nicht. Ich habe Verweyen dar­über nicht befragt, zumal er sich in diesen Dingen große Zurückhaltung auferlegte. Im Lager nahm man allgemein an, daß Verweyen Heẞ das schlimme Ende des Krieges vorausgesagt und ihn dadurch zur Flucht bewogen habe. In Wirklichkeit war Heß im Einver­ständnis mit Hitler nach England geflogen, um dort mit gewissen Kreisen, die zu Churchill in Opposition standen, Verbindung aufzunehmen und nach Möglich­keit für Deutschland einen Frieden zu erwirken auf der Basis der freien Hand im Osten. Um das katastro­phale Ende dieses Krieges vorauszusagen, hätte es aller­dings nicht so sehr der Kunst bedurft, in den Sternen lesen und mit übersinnlichen Mächten korrespondie­ren zu können, als vielmehr der nüchternen Kenntnis der politischen Konstellationen und machtpolitischen Kräfteverteilung der Welt und einer gehörigen Dosis gesunden Menschenverstandes. Es war aber damals

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