sagten, in einem holländischen Gefängnis einige Tage in ,, Ehrenhaft" und sollten in Kürze entlassen werden. Aber Gottes unerforschlicher Ratschluß hatte anderes mit ihnen vor. Infolge des raschen Vorrückens der Alliierten mußte das Gefängnis schnell geräumt wer­den. Zusammen mit vielen anderen Gefangenen, die keine ,, Ehrenhäftlinge" waren, wurden sie verfrachtet, und landeten in Sachsenhausen . Ihre Papiere, ihre wertvollen SS - Ausweise waren zurückgeblieben und wahrscheinlich abhanden gekommen. Würde der Kom­mandant ihren Erzählungen Glauben schenken? Da saßen sie nun und hatten Gelegenheit, über die Wan­delbarkeit menschlichen Glückes nachzudenken. Die paar Tage im Büro der Effektenkammer verschaff­ten mir manchen Einblick in die Geheimnisse des Lagers, die der Allgemeinheit der Häftlinge verborgen blieben. Der formelle Leiter des Büros, ein SS- Unter­scharführer, saß in meiner nächsten Nähe. Aus seinen Telefongesprächen gewann ich manche Anhaltspunkte zur Beurteilung des Lagerlebens. Unser Vorarbeiter, ein alter Häftling, Bankbeamter seines Zeichens, poli­tisch aber undurchsichtig, erzählte mir, die Effekten­kammer in Sachsenhausen sei gegenwärtig die größte Devisenbank Deutschlands . Kunststück, wenn man nach der Methode mittelalterlicher Raubritter die Werte an sich brachte, statt in ehrlicher Arbeit und in fried­lichem Zusammenwirken mit anderen Völkern. Zu den wirtschaftlichen Betrieben, die zum Lager ge­hörten, zählte auch eine Schuhfabrik. Die Tätigkeit in einigen Zweigen dieser Fabrik unterlag einer strengen Kontrolle und Beaufsichtigung. Hier wurden die Schuhe der hingemordeten Juden sorgfältig auseinan­dergenommen. Die Unglücklichen hatten in sie häufig Gold, Silber, Edelsteine und Banknoten von hohem

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