voll. Mit ihrer Hilfe konnte ich neuen Bedrohungen rechtzeitig ausweichen. Welche Motive einzelne SS­Leute oder Beamte der Gestapo leiteten, wenn sie das Los eines politischen Gefangenen zu erleichtern ver­suchten, bleibe dahingestellt. Manche ahnten wohl das Ende und hielten rechtzeitig Ausschau nach einem Ali­bi. Es sind Fälle bekannt geworden, in denen SS - Füh­rer unmittelbar vor dem Anmarsch der alliierten Trup­pen politische Gefangene aus Gefängnissen mit der Bemerkung entließen: Eigentlich habe ich den Auf­trag, Sie noch in ein anderes Gefängnis zu bringen, aber ich lasse Sie auf eigene Verantwortung laufen. Ich bin aus Zwang bei der Gesellschaft gewesen. Hier ha­ben Sie meine Adresse, vielleicht können Sie gelegent­lich etwas für mich tun." Es waren Ausnahmen, denen die Angst vor der Vergeltung in die Knochen gefahren war. Es soll damit nicht in Abrede gestellt werden, daß es auch andere gab, in denen die Stimme des Gewis­sens noch nicht erstorben war. Unkritisch waren sie den Verlockungen des Systems erlegen und hatten nicht rechtzeitig erkannt, wo der furchtbare Weg endete, auf den sie geführt worden waren. Sie fanden zur Umkehr nicht den Mut und nicht die Möglichkeit.

Als ich vom ersten Besuch zum Block 68 zurückkehrte, war der Weg zur Heimkehr noch weit. Die wiederhol­ten Vorführungen zur politischen Abteilung gefielen dem Blockältesten nicht. Er meinte, wenn das früher geschehen sei, hätte es meinen Tod bedeutet; denn Häftlinge, für die man sich draußen zu sehr interes­sierte, habe man gerne als lästige Zeitgenossen liqui­diert. Der Mann verfügte über eine immerhin achtjäh­rige Erfahrung. Offenbar war es ihm auch nicht sehr angenehm, wenn seine Häftlinge zu oft unmittelbar mit Vorgesetzten in Berührung kamen. Als ich am

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