zu sperren, um sie dort der Ungewißheit über ihr Schicksal zu überlassen.

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Das also waren Organisation und Inhalt der Anstalt des Dritten Reiches , die ich vom 29. August bis zum 23. Oktober 1944 in den Augen der alten Lager­hasen, die uns nicht unzutreffend Sonntagsjäger nann­ten, eine sehr kurze Zeit zu durchlaufen hatte. Aber diese Zeit wuchs mit den fünf Monaten zusammen, die ich schon im Jahre 1933 in Gefängnissen und im Kon­zentrationslager zugebracht hatte. Dazwischen lag wie ein wüster blutiger Traum das nationalsozialistische Reich, dessen Ende sich nun unter den Schlägen des Weltgerichts unmiẞverständlich ankündigte. Ich dachte viel an meine Kameraden von 1933 und zog Vergleiche zwischen jenem Anfang und diesem Ende. Ich fand, daß in den Konzentrationslagern von 1933 doch schon alle Züge der heutigen Systematik der Menschenquäle­rei eingezeichnet waren, ja, daß es im einzelnen da­mals schwerer war als heute. Dieses Heute aber war in seiner mitleidslosen Konsequenz im ganzen härter und grausamer, es war die Dynamik der Hölle, die ihre Knechte, einmal von ihr erfaßt, rasch von Stufe zu Stufe bis zur sadistischen Freude an den Qualen der Opfer sinken ließ. Schuld aber hatte nicht nur das Nazisystem, sondern wir alle. Auch wir, die wir hier eingesperrt und den Schlägen eines brutalen Despotis­mus ausgesetzt waren. Zu wenig hatten wir die Worte Ulrich von Huttens beherzigt:

,, Mich reut die Stunde, die nicht Harnisch trug, Mich reut der Tag, der keine Wunden schlug. Mich reut, ich sag es mit zerknirschtem Sinn, Daß ich nicht dreifach kühn gewesen bin!"

Schuld erheischt Opfer. Es ist das Schicksal jeder Krea­

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