schlossen wurden sie auf den kalten Kieselsteinen hin­und hergetrieben. Sie machten dabei Bewegungen wie Hühner, die über glühende Asche laufen müssen. Es war ein Bild des Jammers. Der nahe Tod hatte bereits seine Furchen in die angsterfüllten Gesichter gezogen. Uns wollte man weismachen, es seien in Frankreich aufgegriffene Mörder. Wenn dem wirklich so gewesen wäre, so hätten sie nicht hierher, sondern vor ein Ge­richt zur Aburteilung gehört. Selbst Mörder durfte man nicht so quälen, wie es hier geschah. Menschen, die so etwas tun, sinken unter die Stufe von Mördern. Einigen von ihnen hatte man die eine Gesichtshälfte mit roter Farbe angestrichen, das bedeutete, daß sie bereits zum Tode verurteilt waren und nur noch auf die Bestätigung des Spruches zu warten hatten. Bis da­hin ließ man sie so herumlaufen, wie ich es gesehen habe. Allen war auf den Rücken ,, T" gemalt, was nach den einen wahrscheinlich Terrorist, nach anderen Tod bedeutete, vielleicht auch beides zugleich. Wenn ich tausend Jahre alt werden sollte, so werde ich die­ses Bild so wenig vergessen, wie den Zorn gegen die Frevler, die zur Schande unseres Volkes seine Urheber

waren.

Die Gesamtheit der Häftlinge zerfiel in drei große Gruppen: die politischen Häftlinge, die Asozialen und die Berufsverbrecher. Jeder hatte auf der Brust seines Rockes und an einem Hosenbein seine Häftlingsnum­mer aufgenäht zu tragen. Vor der Nummer war ein Winkel angebracht, aus dessen Farbe man die Zuge­hörigkeit zu einer der drei Hauptgruppen erkennen konnte. So trug der politische Häftling einen roten Winkel, der Aso, so wurde der Asoziale genannt, einen schwarzen, der Bevauer( Berufsverbrecher) einen grü­nen Winkel. Innerhalb der Hauptgruppen gab es noch

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