Reich über Deutschland gebracht hatte. Dieser Zuschuẞ von außen dürfte fortgefallen sein, als der Paketverkehr aufhörte und die Privatreisen rücksichtslos gedrosselt wurden. Von da an waren die Häftlinge ausschließlich auf die Lagerkost angewiesen. Die Rationen im Lager selbst wurden außerdem von Woche zu Woche kleiner, denn der Spielraum, der der deutschen Verwaltung zur Verfügung stand, verengte sich infolge des Vorrückens der gegnerischen Armeen von Tag zu Tag. Die bedrohten Lager wurden aufgelöst, die Insassen auf die wenigen noch verbleibenden Lager wie Buchenwald und Dachau verteilt. Die Folgen waren der Tod von Tausenden auf dem Transport, Krankheiten und Seuchen, wahnwitzige Überfüllung, Hungertod infolge steter Reduzierung der Rationen und des Versagens jeder Organisation in der Versorgung der überfüllten Lager. Die ohnehin bestehende Absicht, sich der überlebenden Gefangenen einfach durch Massenmord zu entledigen, fand Nahrung durch diese Entwicklung. Man wußte nicht mehr wohin mit den lebenden Leichnamen, zu denen man Hunderttausende von Menschen gemacht hatte. Die Nazihenker wurden die Gefangenen ihrer eigenen Verbrechen. Schon im Herbst 1944 ahnten wir in Sachsenhausen die kommende Katastrophe. Wir witterten, was mit uns gespielt werden sollte. Die Angst vor der letzten Minute saß schon damals jedem in den Knochen.
Die Häftlinge in Sachsenhausen setzten sich aus allen europäischen Nationen, allen Berufen und Gesellschaftskreisen zusammen. Neben den besten Vertretern der europäischen Intelligenz waren da der einfache russische Arbeiter aus Leningrad oder Kiew , ein Bauer aus russisch Zentralasien neben einem Juden aus Polen oder einem Neger aus USA., Mitglieder
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