der ein mit Holzwolle oder mit Stroh gefüllter Sack lag. Darauf war eine primitive Wolldecke, die schon Generationen von Häftlingen als Unterlage gedient hatte, ohne jemals gründlich gereinigt worden zu sein. Bettbezüge gab es nicht. Eine Wolldecke mußte für zwei Personen zum Zudecken ausreichen. In der Re­gel genügte sie nicht, die Glieder der Schlafenden ganz zu bedecken. Es war verboten, in Hose und Rock ins Bett zu gehen. So blieb, wenn man eine Bestrafung ver­meiden wollte, nichts anderes übrig, als sich nackt ins Bett zu legen, da ja die wenigsten ein Hemd hatten. Der kalte Nachtwind fuhr durch den Schlafraum. Man mußte sich am warmen Leibe des Kameraden erwär­men, den der Zufall einem zum Bettgenossen gemacht hatte. Trotzdem fror man entsetzlich. 4 Uhr morgens wurde geweckt. Ab 5 Uhr stand man stundenlang, ohne sich vom Fleck rühren zu dürfen, frierend und am ganzen Leib zitternd, ohne Schuhe, ohne Unterhose, ohne Hemd, ohne Strümpfe auf der ausgekühlten Erde. Zertreten, niedergetrampelt, geschändet, auch ohne un­mittelbare körperliche Mißhandlung, wurden Ehrge­fühl und Persönlichkeitsbewußtsein unbescholtener, ehrenhafter Menschen.

Das Lager bestand aus einer großen Anzahl von Ba­racken. Vor jeder von ihnen befand sich ein kleiner Vorgarten, der mit Tomaten und Blumen bepflanzt war. In den Räumen zwischen den Barackenstraßen wurden alle Sorten von Blätterkohl gezogen, der in der Lagerküche Verwendung fand. Außer den Wohn­blocks für die Häftlinge gab es Blocks für die verschie­denen Zweige der Lagerverwaltung, für die Postaus­gabe, für die Kantine, die zu meiner Zeit so gut wie still lag, für das Krankenrevier, die Effektenverwal­tung und die Kleiderkammer. Es gab eine zentral ge­

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