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in der im Zusammenhang mit den Ereignissen des 20. Juli nicht ganz mit Unrecht gewitterten Möglich­keit, daß die alten Wurzeln wieder ausschlagen und sich um sie örtliche Gefahrenherde entwickeln könn­ten. Tatsächlich konnte denn auch der antifaschistische Geist in Deutschland nur lebendig erhalten werden in kleinen Zirkeln, die alte politische Freunde und Be­kannte in loser Form umschlossen. Unter diesen neuen Insassen des Lagers übrigens auch unter den alten befanden sich viele Familienväter, denen der Krieg schwere und schwerste Blutopfer auferlegt hatte. Es gab auch jüngere Häftlinge darunter, die nicht nur den ersten Weltkrieg, sondern auch den zweiten jahrelang an der Front mitgemacht hatten und Träger hoher Auszeichnungen waren. Die Behandlung, die diese Menschen im Lager erfuhren, stand in schreiendem Gegensatz zu der offiziellen Glorifizierung als ,, Ehren­bürger der Nation". Ich habe später Fälle beobachtet, in denen solche Menschen von Zuchthäuslern und Zu­hältern, die als Häftlinge Vertrauensposten im Lager innehatten, wegen Kleinigkeiten und Miẞverständnis­sen so geohrfeigt wurden, daß ihnen das Blut aus Mund und Nase spritzte.

In dem Block 68, dem wir zugewiesen wurden, herrschte eine qualvolle Überfüllung. In einem Raum, der nor­malerweise für einhundertfünfzig bis einhundertsech­zig Insassen vorgesehen war, mußten jetzt vierhundert­fünfzig bis fünfhundert Häftlinge untergebracht wer­den. Mindestens die Hälfte der Belegschaft war genö­tigt, das karge Mahl im Stehen einzunehmen. Der sit­zende Teil mußte für sie die Kartoffeln mitschälen. die in die wässerige Gemüsesuppe gebrockt wurden. Zwei bis drei Mann hatten sich nachts in ein Bett zu teilen. Es bestand aus einer schmalen Holzpritsche, auf

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