uns aber noch nach. Insgesamt mögen im Zuge der ,, Aktion Gitter" zweitausend bis dreitausend Personen in das Lager Sachsenhausen eingeliefert worden sein. Das Alter dieser Männer lag durchweg zwischen fünfundvierzig und siebzig Jahren. Ich selbst stand im einundsechzigsten Lebensjahr. In der Hauptsache handelte es sich um Sozialdemokraten, Kommunisten, vereinzelt auch um Demokraten und Zentrumsleute. Wahllos hatte man sie in Berlin , in der Mark Brandenburg, in Sachsen , in der Provinz Sachsen , in Pom mern , Hessen- Nassau , Westfalen und im Rheinland aufgegriffen. Von einer Anzahl von Reichs- und Landtagsabgeordneten abgesehen, bestand die Masse der Verhafteten aus ehemaligen Funktionären mittleren und schlichteren Grades. Stadträte, Dezernenten der kommunalen Selbstverwaltung und vor allem eine große Zahl früherer Stadtverordneter waren darunter. Ich habe sogar alte Gesinnungsgenossen getroffen, die seit 1922 keinerlei Mandat oder politische Funktion mehr ausgeübt, ja solche, die ihrer Partei Jahre vor der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus den Rücken gekehrt und sich vollständig vom politischen Leben zurückgezogen hatten. Aus Haus, Hof, Beruf, Familie und kriegswichtiger Arbeitsstätte hatte man sie rücksichtslos herausgerissen, nur weil sie keine Nationalsozialisten waren. Natürlich hatten alle, von ganz verschwindenden Ausnahmen abgesehen, keinen inneren Frieden mit den Nazis geschlossen. Die alten demokratischen und sozialistischen Ideale waren zu tief in ihnen verwurzelt, als daß sie jemals hätten vergessen können, was das Dritte Reich für sie und das Land bedeutete. Eine akute Bedrohung waren die meisten von ihnen jedoch für das Regime nicht. Dieses sah aber die Gefahr in der bloßen Existenz dieser Menschen und
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