uns die Haare abzuschneiden. Dabei machte er sich den Spaß, mit seiner Maschine bald über den Kopf, bald über die Schamteile zu fahren, bis alle behaarten Körperteile glattgeschoren waren. Eine wirkliche Untersuchung auf Läuse erfolgte nicht. Nachdem man den Körper im Duschraum gesäubert hatte, empfing man die Häftlingskleidung und-nummer. Meine Nummer war 93 909. Die Kleidung bestand für mich in einer Hose, die derart verbraucht war, daß im Vergleich zu ihr die Arbeitshose des ärmsten Steinklopfers noch ein wahres Staatsstück darstellte, weiter in einem verwaschenen blauweiß gestreiften Rock Zebra nannten ihn die Häftlinge und in einem Papierhemd aus braunem, packpapierähnlichem Stoffe. Das Hemd, das sich in ein bis zwei Tagen auftrug, zogen die meisten Häftlinge erst gar nicht an, sondern benutzten es als Klosettpapier, an dem größter Mangel herrschte. Unterhemden, Strümpfe oder Schuhe gab es nicht. Nur mit Hose und Rock bekleidet wurden wir barfuß in den Block 68 abgeführt. Zum Glück war an diesem und an den folgenden Tagen sehr warmes Wetter. Die Nächte und die Morgenstunden waren dagegen schon empfindlich kühl.
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KAPITEL 5
Der erste Tag- Allgemeine Zustände Miẞhandlungen und öffentliche Hinrichtungen
Im Block wimmelte es von Häftlingen. Es zeigte sich, daß wir ein kleiner Trupp von Nachzüglern waren, denn vor uns waren alte Gesinnungsfreunde schon zu Hunderten angekommen. Weitere Hunderte folgten
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