einer Dame, die mit der Familie Breitscheid befreundet war, nach Sachsenhausen verbracht. Breitscheid muẞ aber Ende August 1944 bereits nicht mehr dort gewesen sein, denn um diese Zeit hörte man von einem Bomben­abwurf auf das Lager Buchenwald , bei dem er und Thälmann den Tod gefunden haben sollten. Die Nach­richt war richtig, soweit sie sich auf die Persönlichkeit Breitscheids bezog. An Thälmanns Tod im Zusammen­hang mit diesem Angriff glaubte in Sachsenhausen kein Häftling. Dort nahm man vielmehr an, daß man ihn bei dieser Gelegenheit, lange nach seinem tatsächlichen Tode, angesichts einer so einleuchtenden Todesursache nun auch offiziell sterben ließ. Elf Jahre lang hatte man den Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands durch die Gefängnisse und Lager ge­schleppt, um ihm Gesundheit und Lebenskraft zu bre­chen. Breitscheid, ein glänzender Redner und liebens­würdiger, selbstloser Charakter, der stets nur seiner Überzeugung folgte, und in keinem Falle an persön­liche Interessen dachte, ist einsam im einundsiebzigsten Lebensjahr in der Gefangenschaft gestorben.

Als wir durch das Lagertor schritten, lag vor uns der Appellplatz, der an einen riesigen Kasernenhof erin­nerte. Seine nordöstliche Grenze bildete eine lange as­phaltierte Lagerstraße. Im Toreingang befand sich die Wache, über der die Räume des Lagerkommandanten lagen, der von hier aus den Appellplatz und seine Zwingburg übersehen konnte. Das ausgedehnte Lager war von einer starken, etwa zwei Meter hohen Mauer umgeben, an der sich Stacheldrähte emporrankten, die mit Starkstrom geladen waren. Viele Häftlinge, die in ihrer Verzweiflung nicht mehr ein noch aus wußten, haben im Laufe der Jahre durch einen Sprung in den Draht ihrem Leben ein rasches Ende bereitet. Die

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