weil die der Gestapo zur Verfügung stehenden über­füllt waren. Man merkte auch, daß die Polizei uns bald loswerden wollte. Sie wußte offenbar nicht recht, was sie mit uns anfangen sollte. Ihre Umgangsformen waren auf Kriminelle abgestellt. Einige Aufseher be­mühten sich zwar, eine etwas entgegenkommendere Haltung einzunehmen, andere wieder verkehrten mit uns, als ob sie die gewohnte Ware" vor sich hätten. Wenig angenehm war der Zwang, seine Notdurft in der Zelle und in Gegenwart der Mithäftlinge verrichten zu müssen. Zum Glück war ein Wasserklosett da, es rauschte Tag und Nacht. Jüngere Menschen gewöhnen sich leichter an solche Verhältnisse. Wir aber waren alles Leute über fünfzig Jahre und an Diskretion bei der Erfüllung solcher Lebensnotwendigkeiten gewöhnt. Sein Licht empfing der Raum aus zwei Fenstern, die, wie wohl in allen Gefängniszellen, unmittelbar unter der Decke die Mauer unterbrachen und einen spärli­chen Ausblick gewährten. Wir sahen nur den blauen Himmel, der in diesen letzten Augusttagen in voller Reinheit erstrahlte, und nachts die ewigen Sterne, die droben hingen, unveräußerlich und unzerbrechlich, wie unser Schiller sang. Wir dachten an unsere Menschen­rechte. Sie lagen zerbrochen am Boden, in den Staub getreten, geschändet und verachtet. Sogar das Recht jeder Kreatur, Schutz zu suchen vor höheren Gewalten wurde uns verwehrt. Es verging in dieser Zeit keine Nacht, in der nicht ein schwerer Luftangriff auf die Reichshauptstadt erfolgte. Dann blitzte und krachte es um uns, als ob die Hölle losgelassen wäre. Wir aber mußten in unseren Betten bleiben, denn das Aufsuchen des Luftschutzkellers war uns nicht gestattet. Tag und Nacht wanderten meine Gedanken durch die kleinen Fenster hinaus, über den Hof und die roten Gefängnis­

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