Himmlers schon gar nicht mehr die Rede. Man wurde einfach verhaftet, eingesperrt und meist nicht einmal vernommen. Über den Tag der Freilassung herrschte stets Ungewißheit. Da die legale und die illegale Ge­walt ein und dieselbe Spitze hatten, so hätte man mit einer Beschwerde gegen die Übergriffe der illegalen Ge­walt den Teufel Himmler nur bei seiner Großmutter Hitler verklagt. Im Dritten Reich bedurfte es über­haupt keines Vergehens, um auf unbestimmte Zeit le­bendig begraben zu werden. Es genügte schon, daß man vor 1933 gegen den Nationalsozialismus gekämpft und nach seiner Machtergreifung nicht die Knie vor ihm gebeugt hatte oder überhaupt im Verdacht einer ,, staats­abträglichen" Gesinnung stand. Über die letztere Vor­aussetzung entschied irgendein obskures Mitglied des großen Heeres von Denunzianten und Spitzeln, die im Dienste des Nachrichtenwesens der Gestapo standen. In allen kultivierten Staaten werden politische Verge­hen nicht als ehrenrührig angesehen. Der Strafvollzug geschieht deshalb auch in ehrenhaften, absolut erträg­lichen Formen. Mit den ,, veralteten" Methoden eines humanen Strafvollzuges gegen politische Häftlinge räumte das Dritte Reich selbstverständlich auf. Diese Gefangenen wurden nicht nur mit Schwerverbrechern auf eine Stufe gestellt, sondern ihnen noch vielfach untergeordnet.

Im Polizeigefängnis am Alexanderplatz traf ich eine Anzahl Gesinnungsfreunde aus vergangenen Zeiten. Hier erfuhr ich auch, daß die Verhaftungen in Berlin und im ganzen Reiche einen großen Umfang angenom­men hatten. Wir wurden zuerst in die Aufnahme ge­führt, wo ein entsetzlicher Betrieb herrschte. Es wim­melte von Menschen, die man eingefangen hatte, Schul­dige und Unschuldige, dunkle Gestalten und Harm­

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