In mein Büro folgte mir nur einer der Beamten. Sein Kollege blieb auf der Straße zurück, angeblich um die Öffnung der Läden abzuwarten und Zigaretten einzu­kaufen, in Wahrheit aber wohl, um die beiden Aus­gänge des Hauses zu bewachen, die einen Fluchtversuch erleichtern konnten. Da Mahlzeiten in Gesellschaft bes­ser munden, lud ich meinen Begleiter ein, das Früh­stück mit mir einzunehmen, was er nicht abschlug. Vor dem endgültigen Abschied gestattete er mir noch, in einem leeren Zimmer und in seiner Abwesenheit mei­ner Sekretärin und einem inzwischen erschienenen Angestellten Informationen zu geben, einige Briefe zu diktieren und Anweisungen für die Zeit meiner Abwe­senheit zu erteilen. Von diesen Vorgängen wolle er aber dienstlich keine Kenntnis genommen haben. Ich konnte mich also über mangelndes Entgegenkommen nicht be­klagen. Es gab damals schon viele Polizeibeamte und Angestellte der Gestapo , die von dem unvermeidlichen Zusammenbruch der Hitlertyrannei überzeugt waren und sich durch anständige Behandlung ihrer Opfer ein Alibi zu verschaffen suchten.

Endlich, es war inzwischen 9 Uhr geworden, mußte ich mich trennen. Ein wunderbarer Augustmorgen kün­digte einen heißen Tag an. Wir gingen zum Unter­grundbahnhof Wittenbergplatz. Später erfuhr ich, daß meine Sekretärin uns gefolgt war, um festzustellen, wo­hin man mich gebracht hatte. Sie entwickelte von die­ser Stunde an im Kampfe gegen die Skepsis eines Teils meiner Umgebung eine bewunderungswürdige Tätig­keit für meine Befreiung. In dem unheimlichen und geschmacklosen Backsteinbau am Alexanderplatz schlos­sen sich die eisernen Gitter hinter mir.

Als einem politischen Menschen, dem die Geschichte kein unbekanntes Gebiet ist, fehlt es mir durchaus nicht

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