Mann hatte zur Folge, daß ich drei Tage hinterein­ander die Bedürfnisanstalt gründlich zu reinigen und den Fliegendreck an den Flurfenstern mit Zeitungs­papier zu beseitigen hatte. Dabei waren unsere Quäler vielfach noch so jung, daß sie unsere Söhne hätten sein können.

Sofort nach unserem Eintreffen im Lager wurden wir wie Zuchthäusler frisiert. Der Bart verschwand, und der Kopf wurde kahl geschoren. Unter den Wasser­druckständern des Kasernenhofs wurde dann der Kopf gewaschen. Einmal, es war an einem heißen Julitag 1933, beobachtete ich, wie einem Gefangenen, einem älteren jüdischen Mann aus einem Ort in der Nähe von Heidelberg , auf der gegenüberliegenden Seite von einem SA- Mann der Kopf zwanzig bis dreißig Minu­ten lang gewaschen wurde. ,, Verstell dich nicht so, du jüdisches Dreckschwein!" brüllte der SA- Mann, als der Häftling stöhnte und jammerte. Dabei stieß er den Armen mit den Stiefeln in die Rippen. Markerschüt­ternde Schreie tönten über den ganzen Platz. Man sah, wie der Häftling sich erbrach und zusammensackte. Am nächsten Morgen lag er tot im Revier. Der Fall hat seinerzeit im Lager ungeheures Aufsehen erregt. Das Morden und Totquälen war immerhin neu. Die Ge­müter waren gegen diese Entmenschlichung noch nicht so abgestumpft wie später, wo man gelassen davon sprach, daß wieder einmal einer ,, durch den Schorn­stein abgegangen" sei. Ich habe mir den Namen dieses Mörders auf dem Heuberg gemerkt. Er reimte sich auf Flegel und lautete Schlegel.

Wir drei, Pflüger, Fischer und ich, sollten vor den Augen zahlreicher Häftlinge ,, arbeiten lernen", da wir es nach der Ansicht der SA noch nicht konnten. Zu diesem Zwecke wurde ein großer Haufen Steine auf

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