Reichswehr und Landknechtsorganisationen aller Art, ja sogar Teile der legalen Reichswehr selbst, wurden zu Sammelbecken beschäftigungslos gewordener, ehr­geiziger Offiziere und einer nationalistisch verhetzten Jugend, die regelmäßiger und friedlicher Beschäftigung im Kriege entwöhnt worden war. Zwar miẞlang 1920 der Versuch, durch den Kapp- Putsch die Demokratie zu entthronen, aber die Treibereien gingen weiter. Mit besonderem Haß wurden bürgerliche Repräsentanten der Republik verfolgt. Erzberger wurde niedergeknallt, Rathenau hingemordet. Politisch verdächtige Persön­lichkeiten wie Ludendorff , Tirpitz, Hugenberg und Helfferich waren die Drahtzieher hinter den Kulissen. Eine wirklichkeitsfremde Befreiungsromantik wurde hochgezüchtet, jedes Verbrechen, das national getarnt war, mit dem Mantel christlicher Nächstenliebe zuge­deckt. Der Haẞ regierte die Stunde, Ruhrkampf und Inflationsmache wurden zu Motoren der nationalisti­schen und reaktionären Renaissance.

Den entscheidenden Erfolg aber errang die Reaktion mit der Ersetzung Friedrich Eberts durch Hindenburg in der Reichspräsidentschaft. Der alte Feldmarschall war der Inbegriff aller Hoffnungen der Reaktionäre, und er hat sie wahrlich nicht enttäuscht. Weniger durch aktive Handlungen als vielmehr durch die Tatsache, daß durch ihn und seine Umgebung maßgebende Füh­rer der Feinde der Demokratie die ganze republikani­sche Staatsmaschine überwachen, kontrollieren und be­einflussen konnten. Das galt besonders für die Reichs­ wehr , die unter der Präsidentschaft Hindenburgs ihren Gelüsten ungestört frönen konnte.

Außenpolitisch kreisten die Gedanken um die Pro­bleme, die der Versailler Vertrag aufgeworfen hatte: Kriegsschuld, Besetzung des linken Rheinufers, Repa­

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