reichen Westmächte zur Besetzung ganz Deutschlands und zu verschärften Repressalien ermuntert. Die nationale Not und das wirtschaftliche Elend des deut schen Volkes wären dadurch noch furchtbarer geworden. Die Nationalisten haben später im Reichstag offen ausgesprochen, daß sie gerade das erreichen wollten, aber das ganze Volk hätte dann die Rechnung bezahlt. Welches Schicksal dem Versuch, eine Rätediktatur nach russischem Vorbild zu errichten, zuteil geworden wäre, hat die Unterstützung der weißrussischen Gegenrevolution durch die Entente, die selbst vor direkter militärischer Intervention nicht zurückschreckte, gezeigt. In der Geschichte ist nur das möglich, wozu die Vorbedingungen ausgereift und erfüllt sind. Trotz aller Not hätte die demokratische Republik von Weimar ein glücklicher Ausgangspunkt werden können, wenn die politische Einsicht des ganzen Volkes sie als die gegebene geschichtliche Plattform innerlich anerkannt hätte und wenn die Arbeiterklasse im Zeitpunkt ihrer geschichtlichen Wende politisch und ideologisch geeint gewesen wäre. Diese Einheit hätte zweifellos einer skrupellosen Minderheit von Schwerindustriellen, Großagrariern und Finanzmagnaten durch Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Kraftquellen für alle Zeiten die Möglichkeit nehmen können, Deutschland erneut und diesmal in das schwerste Unheil seiner Geschichte zu stürzen. Ohne jede Verletzung demokratischer Prinzipien wäre das zu erreichen gewesen. Die Schuldfrage soll hier nicht aufgeworfen werden. Sie würde aus der Situation vom November 1918 allein auch nicht beantwortet werden können. Die Suche nach einer gerechten Antwort müßte auf tiefere Quellen der Geschichte der Arbeiterbewegung zurückgreifen. Es genügt, die objektive Tatsache festzustellen, daß
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