Der einzige helle Fleck in dem Raume war das Fenster; doch wurde der freiheitliche Eindruck, den es in mir her- vorrief, erheblich gestört durch die Linien, die sich senk- recht von oben nach unten zogen und sich offenkundig dem Drang ins Freie entgegenstemmten. Die Aussicht, die das Fenster bot, war wenig ermutigend. Von der Moda- spitze in Konstantinopel zeigte sich mir einst auf die
Prinzeninsel, wo die alten Byzantiner ihre Staatsfeinde"
unterbrachten, ein reizenderes Bild. Durch das Rechteck fiel der Blick auf andere Rechtecke, die von ähnlichen Eisenstangen durchzogen waren, als ob sie die Aufgabe hätten, auch drüben gewissen unsicheren Kantonisten den Ausweg ins Freie zu verlegen. Die kleinen Rechtecke bil- deten Öffnungen in einem Riesenrechteck, dessen obere Linie sich von der einzigen farbenfrohen Fläche abhöb, dem blauen Himmel, der nicht Lust hatte, sich in ein lang- weiliges gelbgraues Rechteck einsperren zu lassen.
Bald klapperte draußen ein Schlüsselbund, die Türe sprang auf, und eine Uniform rief meinen Namen. Elek- trisiert sprang ich auf, mich zu melden in der Hoffnung, ich dürfe wieder nach Hause. Aber, o weh! das Gegen- teil war der Fall. Der Wachtmeister kam, um mir Napf,
Löffel und Handtuch zu bringen und meinen Strohsack
mit Bettwäsche zu überziehen, ganz als handle es sich um einen Dauergast. Wurde es wirklich ernst? Ich sank auf das neugemachte Bett und schlief vor Erschöpfung bald ein, denn das Nichtstun des Wartens hatte mich müder gemacht als alle noch so anstrengende Tagesarbeit. Als ich erwachte, stand das Abendessen bereit. Mir war indes jede Eßlust vergangen, ich ließ den Blechnapf stehen, wagte aber auch nicht, meinen Teil den andern anzubieten. Ich fürchtete, sie könnten sich beleidigt fühlen, wenn ich ihnen offeriere, was ich stehen gelassen. Wie schlecht ich die Ge-
fangenenseele kannte! Ich war sehr froh, als einer von
un rennen


