184 ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG

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entgegengesetzter Richtung, nämlich von Konstantinopel , damals noch Hauptstadt der uns verbündeten Türkei , wo gleichfalls ,, ausgebaut und vertieft" werden sollte. Ich sah mir die Liste der Eingeladenen an, und als ich darunter nicht einen einzigen für Österreich repräsentativen Namen von europäischer Bedeu­tung fand, schlug ich vor, die Einladung auf Heinrich Fried­ jung , den größten lebenden österreichischen Historiker, aus­zudehnen. Was mir schließlich unter Verzicht auf mein eigenes Mandat gelang. Ich blieb zu Hause und Friedjung fuhr nach Konstantinopel , wo es ihm sicher leichter fiel als mir, Macht und Herrlichkeit der deutschen Kriegführung zu preisen. Der Mann, der in seinem letzten Buch den Schwanengesang des ,, Zeitalters des Imperialismus anstimmte, tat es nicht zum erstenmal. Bereits in seinem ersten Werk, dem klassisch ge­wordenen ,, Kampf um die Vorherrschaft"- nämlich um die Vorherrschaft in Deutschland , die Österreich hatte aufgeben müssen schildert er die von den Österreichern verlorene Schlacht bei Königgrätz in einer Weise, daß jedem reichsdeut­schen Patrioten dabei das Wasser im Munde zusammenlaufen mußte und erzielte damit, selbst Österreicher, bei seinen öster­reichischen Lesern den größten Erfolg. Es war diese eine der zugleich logischen und paradoxen Folgen unserer sogenannten ,, deutschen Orientierung", von der Österreich erst unter Hitler gründlich genesen sein dürfte. Auch entsprach diese Stellung­nahme der wissenschaftlichen Überzeugung des großen Histo­rikers, die, wenn man die Freiheit der Wissenschaft voraus­setzt, unanfechtbar bleibt. Immerhin liest sich diese meister­hafte Darstellung der Schlacht bei Königgrätz mit einem bitte­ren Nachgeschmack, der auf der Zunge zurückbleibt. Es ist, als ob Tukydides die Geschichte des Peloponnesischen Krieges nur geschrieben hätte, um den Flötenschall zu beschreiben, mit dem am Ende die Lakedämonier die Niederlegung der athenischen Festungsanlagen begleiteten.