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ANFANG VOM ENDE UND ENDE VOM ANFANG

schieben, hat der geistliche Herr g'sagt, mit der Trauer recht wohl vereinbar ist. Aber, hat sie gesagt, sie fürchtet die Folgen, und ist allein nach Hause gegangen." Und, da der andere noch immer zu zweifeln schien: ,, Also ich kann dir nur sagen, ich wär' froh, wenn ich je so betrauert würde... Also das heißt froh? Aber jedenfalls hast du dich über die Dini wirklich nicht zu beklagen über die Poldi mein' ich... Pardon!" Offen­bar wollte er seinen Freund nicht durch die nur ihm geläufige Hälfte des Vornamens seiner Gattin kränken.

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Der aber machte plötzlich ein philosophisches Gesicht und sagte gefaßt: ,, Poldi... Dini... Zusammen gibt das Leopol­ dine . Es ist ein und derselbe Name."

,, So wie Anisscharten und Anisschnitten derselbe Teig sind", versetzte der Kaffeesieder, der an Humor nicht zurückstehen wollte, und begann, glücklich darüber, daß sein Kamerad und Vorgänger die Sache nicht mehr tragisch nahm, in den Liebes­gaben zu wühlen. Aber plötzlich unterbrach er sich und reichte Schuberth, wie um ihm eine Freude zu machen, den beiseite­gelegten Brief seiner Frau.

,, Lies!" sagte er: ,, Also bitte. Wir zwei haben wohl kein Geheimnis voreinander."

Der Lehrer las ungefähr wie ein Witwer im Himmel die vier Seiten, die alles in allem auch an ihn hätten gerichtet sein können. Nur die Namen stimmten nicht mehr zu seinem eige­nen Erdenwallen. ,, Mein geliebter Christian", lautete der Ein­gang, und der Schluß: ,, Deine treue Dini..."

Als es so weit war, wollte er sich moralisch entrüsten, aber es gelang ihm nicht. Denn all dies erschien ihm plötzlich wesen­los nach den Fürchterlichkeiten, die er mit angesehen und erlebt hatte. Wenn man, zwischen einem Kopfschuß und Flecktyphus, mitten im Winter, von Kolbenstößen getrieben, in zerrissenen Schuhen durch Albanien gewandert ist, so kommt man nachher über mancherlei leichter hinweg.