DER NOVELLIST MELDET SICH ZUM WORT

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Sein Freund, der ungefähr doppelt so groß und breit war, legte ihm begütigend die schwere Hand auf die noch im Liegen herabhängende Schulter.

,, Drei Jahr... Ich war im ganzen sechs Wochen verheiratet und die letzten zwei hab' ich in der Kasern' schlafen müssen... Meine Frau hat g'sagt, wenn sie das gewußt hätte, hätt' sie sich's überlegt. Sie hat nämlich durchaus einen Untauglichen haben wollen, einen gesunden Untauglichen... Und das war ich ja auch. Zwanzig Jahr' hab' ich Krüppelsteuer gezahlt. Aber bums! Bei der zweiten Musterung haben s' mich behalten, trotz meinem Fettherz und den Krampfadern. Meine Alte hat schon einmal kein Glück mit ihren Männern. Der erste gefallen, der zweite gefangen..."

,, Arme Frau! Ist sie hübsch?" erkundigte sich der Lehrer. ,, Das glaub' ich. Mudelsauber. Blond. G'stellt-"

Der Lehrer Schuberth runzelte mißbilligend die Brauen, als ob er sagen wollte: das gehört nicht in die Schule.

,, Und die deinige?" fragte der Cafetier, um ihn zu begütigen: ..Wie war's?"

,, Auch", sagte der Pädagoge. ,, Auch sehr wohlaussehend und stattlich." Er seufzte und fügte mit angenommener Strenge hinzu: ,, Aber, was die Hauptsache ist bei einer Frau: lieb, brav, wirtschaftlich."

,, Eine echte Wienerin halt so wie die meinige!"

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,, Ja, solche Frauen gibt es wohl nur in Wien ", sagte der Lehrer in einem plötzlich etwas gespannten Hochdeutsch.

Und sie begannen beide, der Schulmann und der Kaffee­sieder, ein Preislied auf die Wienerin zu singen, deren Reize sie im Blute hatten. Besonders Wild sprach mit wahrer Begei­sterung von seiner Schönen, wie ein verliebter Bräutigam von seiner Braut. Er lobte alles, ihre Haare, Zähne, Augen, Haut, aber auch ihre moralischen Eigenschaften, das gute Herz und ihre immer fröhliche Laune. Und wieviel Geschmack sie hatte,