hat mit Bewußtsein und hellem Verstande, wie schlecht wir Men­schen sein können und wie nötig wir einander hätten für unsere kurze Reise. Und ich bin überzeugt, Sie werden dieses Verlangen ebenso bei unseren Gebildeten wie bei unseren Arbeitern finden, die die Gemeinschaft der Kirche Christi verloren haben: das Ver­langen nach gütigen Menschen! Und in diesem Verlangen mehr Sehnsucht nach GOTT, nach Seinem Volke und nach der großen göttlichen Vergebung und Umwandlung, als sie selber ahnen!

Ich muß hier unwillkürlich an meinen verstorbenen Vater denken und Sie verzeihen mir das Persönliche an dieser Stelle, aber er gehört in diese Stunde, denn er hat mich gelehrt von Jugend auf, aufrichtig gegen sich selbst und gegen andere zu sein, und koste es viel Tränen, Leid und Mißverständnis mein Vater ist

zeit seines Lebens mit dem Christentum nicht fertig geworden, aber in einem seiner letzten Briefe stand zu lesen: ,, Ich empfinde Güte als etwas Heiliges..."

Meine Freunde, Richter sind uns in unseren Tagen genug bestellt. Und das ist die göttliche Gerechtigkeit in der Geschichte, unter die wir uns beugen. Aber die menschliche Güte füreinander würde das erstorbene Leben miteinander wiedererwecken und wiederaufatmen lassen unsere Seele, die uns Menschenantlitz verleiht. So wahr des Menschen Sohn nicht gekommen ist zu richten, sondern die Welt selig- zu machen. Lassen Sie mich schließen mit Versen des Dichters Hermann Hesse aus einem Gedicht, das er der ,, zitternden Seele Mensch" widmete und die prophetische Überschrift trägt ,, Besinnung ( 1933)":

Schwer ist sein Weg, Sünde und Tod seine Speise, Oft verirrt er ins Finstre, oft wär ihm

Besser, nicht geschaffen zu sein,

Ewig aber strahlt über ihm seine Bestimmung,

Seine Sehnsucht: der Geist, das Licht.

Und wir fühlen: ihn, den Gefährdeten,

Liebt der Ewige mit besonderer Liebe. Darum ist uns irrenden Brüdern Liebe möglich in aller Entzweiung,

Und nicht Richten und Haẞ,

Sondern geduldige Liebe,

Liebendes Dulden führt

Uns dem heiligen Ziele näher.

Das waren die vier Rufe der Wandlung am deutschen Antlitz von heute. Ihr Beginn würde der Anbruch einer neuen Zeit sein, die sich wirklich anschickt, den Rand des Abgrundes zu verlassen, an dem wir Deutsche von gestern und heute noch trunken vom Taumelbecher wanken, indes die Augen unserer Kinder uns fragen, wohin wir sie führen werden.

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