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„Im November 1942 bin ich mit meiner Frau, Kind und Schwägerin nach Kamienna gekommen. Ich kam in die Auto- matendreherei zu Seidel. Als ich dort mit meinem Mantel arbei- tete, kam ein jüdischer Polizist und rief uns ins Büro zu Seidel. Das war am nächsten Tag. Wie ich raufkam, hielt Seidel die Pistole in der Hand und sagte: ‚Geld und Gold will ich haben!‘ Ich sagte, ich habe kein Geld und auch kein Gold. Darauf Seidel: ‚Wenn du kein Geld hast, wirst du erschossen.‘ Ich habe gebeten, er soll nicht schießen, da hat er angefangen zu schlagen mit der Peitsche und hat mit den Füßen getreten. Den Mantel hat er mir heruntergezogen, alles aufgetrennt, das Futter usw. und hat nichts gefunden. Er hat mir den Mantel, Pullover und Schal weggenommen. Er hat mich so geschlagen, daß ich nach der Arbeit ins Revier gebracht werden mußte. Auch meinen Anzug hat er mir abgenommen. Schuhe konnte ich behalten. Ich bin in Wäschestücken gegangen und habe auch so arbeiten müssen.“
Seidel, dazu vernommen, bestreitet auch das.
„Genthe‘‘, so sagte der Zeuge, ‚kam 1943. Ich selbst bin von ihm mit einer eisernen Stange fast bis zur Bewußtlosigkeit geschlagen worden.“
Der Zeuge schildert alsdann Vorgänge von Wagner, Färber und Kalinowski, die dem Gericht ebenfalls bereits durch vorher ver- nommene Zeugen‘bekannt sind.
Dieser Verhandlungstag stellte Seidel noch einmal so recht in das richtige Licht, und zeigte, daß er bereits 1942 keinerlei Hemmungen mehr besaß und die Juden nach Strich und Faden fledderte. Der Zeuge Schmederer schilderte mit einer kaum zu überbietenden Deutlichkeit, welch gefährlicher Bursche Seidel war. Alles nahm er dem Zeugen ab. Nur Schuhe und Unterwäsche beließ man ihm. Weil der Zeuge kein Geld bei sich führte, wurde er derartig geschlagen, daß er ins Kranken- haus gebracht werden mußte. Der Zeuge Schmederer hatte besonderes Pech in Kamienna, denn außer mit Seidel mußte er auch noch recht unliebsame Bekanntschaften mit Genthe, Wagner, Färber und Kali-
nowski machen. *
Am 3. Dezember wurde zunächst die Ehefrau des Angeklagten Krebs vernommen. Sie gibt an, vom Februar 1942 bis Mai 1944 als Stenotypistin in Kamienna bei Dalski-tätig gewesen zu sein. Aus dieser Tätigkeit heraus weiß sie, daß einmal in zwei Jahren ein einziger Bericht eingelaufen ist, wo eine Besichtigung des Lagers durchgeführt
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