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derin Mary Lindell (de Mancy) betätigte sich als Schwester, sie war Officer in der Britischen Armee, d.h. sie hatte— wie auch eine Anzahl Franzö- sinnen— eine hohe Funktion beim Roten Kreuz. Bei der Entlassung konnte ich dem politischen Leiter Borchardt sagen, daß Mary ja Kriegs- gefangene sei und mit der Gestapo nichts zu tun habe, sie wünsche ausge- tauscht zu werden. Er versprach, etwas für sie und andere zu unternehmen.
Die holländische Schriftstellerin Yoke Köster verfaßte wunderbare Gedichte im K.Z., sie legte ein aufrechtes Wesen an den Tag. Das reizte ihre tyrannische Blockälteste, sie zu verfolgen. Das Allerschwerste von allen Härten des Lagerlebens war für viele Frauen der erzwun- gene Umgang und das enge Miteinanderleben mit Menschen, die einem nicht liegen. Wahre Lebenskünstler lernte man kennen, wie z. B. die Russin Katja Schürer, die in Wien verheiratet war. Von Beruf war sie Innenarchitektin, politisch Kommunistin auf einer sehr großen Linie, menschlich durch und durch echt. Sie, wie auch andere russische Kom- munistinnen, die meine Lehre lasen, erklärten, daß ich auf dieser Grund- lage der Wahrheit und der Liebe im kommunistischen Regime volle Lehrfreiheit haben würde.
Am 15.2.1945 stand ich endlich auch mit auf der Liste der 60-80 Frauen, die seit Januar fast täglich zur Entlassung aufgerufen wurden. Im Eiltempo mußten wir den Block verlassen und wurden nun nachein- ander zur Schreibstube, Kleiderkammer, Geldverwaltung, Politischen Ab- teilung, ärztlichen Schlußuntersuchung und Bad geführt. Beim Durchstö- bern meiner Sachen fand die Aufseherin englische und französische Übersetzungen meiner Lehre und meiner Gedichte. Sie brachte mein gesamtes Material, das ich noch besaß, auf Nimmerwieder- sehen zur Zensur, und meine Entlassung verzögerte sich um 4 Tage. Inzwischen kam ich mitsamt meinen Koffern nach dem Bunker. Es waren Tage tiefster Selbstbesinnung. Ich glaubte nun überhaupt nicht mehr herauszukommen. Das ganze Geschehen zog noch einmal an meinem inneren Auge vorüber. Als ich in der Nacht stundenlang die schweren Bomber über das Lager hinfliegen hörte, sagte ich mir:„Armes Europa, du hast es nicht verdient, daß man difh und deine jahrtausende alte Kultur so zusammenschlägt! Die Leiden derer, die unter den Trümmern begraben werden, stehen hinter unseren Leiden im K.Z. gewiß nicht zurück.“
Immer fester wurde in mir der Entschluß, auf meinem ureigensten Gebiet, der wissenschaftlichen Forschung und Belehrung, mit solcher Eindringlichkeit zu wirken, daß es in Zukunft nie mehr möglich ist,
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