Meldung! Du kommst in den Strafblock!" brüllte sie mindestens eine Viertelstunde lang heuchlerisch, sodaß jeder es hörte. Das schallende Gelächter der dicken gutmütigen jugoslavischen Blockschreiberin Ma- titschka und der dänischen Blockältesten, die mit einem deutschen Juden in Riga verheiratet gewesen und eine furchtbare Nazifresserin war, reizte Clara, sich immer mehr auszutoben. Am nächsten Morgen fing sie gleich wieder davon an, sie wolle es der Oberschwester sagen. Auf einmal hieß es: ,, Die Oberschwester kommt!" Schnell mußten Claras Schwarzarbeiterinnen, die ihr bei der Wäsche halfen, und dafür Essen vom Block bekamen, durch die Fenster verschwinden, eine illegale Privatbesucherin der Ellen von Kettler versteckte sich unterm Bett, um. nicht gesehen zu werden; im letzten Moment bekamen sich noch Clara und Ellen, die ihr an Raffiniertheit zehnfach überlegen war, in die Haare das war meine Rettung. Die Oberschwester kam und erledigte etwas, es blieb alles mäuschenstill!
Unsere Blockälteste hatte sich eine 7 jährige Jüdin als Blockkind angenommen. Sie hieß Stella und stammte aus Brüssel . Die Mutter war auf dem Block gestorben, der Vater schrieb ihr rührende Briefe aus Buchenwald . Das kleine Wesen sah täglich das Theater und mischte sich altklug ein. Stella wurde auf der einen Seite verwöhnt, auf der andern ständig bedroht: Wenn Du nicht folgst, kommst Du auf den Zigeunerblock! Das war die ganze Erziehung! Aber es wirkte sofort! Eines Tages schrieb ich am Tisch. Da sagte Stella: ,, Hör auf zu schreiben, Bibelforscherin, es ist heute kein Sonntag!" Solche Witze machte sie häufig.
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Französische und polnische Ärztinnen hatten wir im Revier in großer Zahl. Viele von ihnen waren hervorragend. Menschlich zeichneten sie sich dadurch aus, daß sie nur ihrer Arbeit lebten und sonst ganz zurückim Gegensatz zu dem übrigen Blockstab, der sich auf Kosten der ,, Masse" breitmachte.
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Der Revierarzt Dr. Treite schrieb hochwissenschaftliche Arbeiten über Krebsforschung. Das Krebsgeschwür K.Z. verstand er nicht zu diagnostizieren, geschweige denn herauszuoperieren, weil es ihm an Arztliebe fehlte. Seine Sekretärin, die Polin Tuscha, war die Gewissenhaftigkeit in Person und eines der edelsten Geschöpfe im Lager. Ich war immer ergriffen, wenn ich sie sah.
Von wunderbarer Erhabenheit des Charakters waren viele der 700 Französinnen, die im Herbst 1944 aus Paris , Lyon, Tunis usw. ins Lager
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