nung und Sauberkeit sorgen, bei der furchtbaren Überfüllung gewiß keine Kleinigkeit.

Die berühmte polnische Sängerin Halina Bolt wurde im Herbst 19453 Anweiserin für die 2000 Strickerinnen: als erstes sorgte sie dafür, daß die ihr anvertrauten Frauen, deren viele über 60 und 70 Jahre alt waren, nicht wegen jeder Kleinigkeit geschlagen wurden. Auch die junge polnische Apothekerin Hanka, Stubenälteste auf Block 20, sorgte wie ein rechtes Mütterchen für ihre Schützlinge. Alle diese Tat- sachen beweisen, daß Grausamkeit niemalsSystem werden kann, solange es Frauen gibt, die wirklich Mensch sind und nicht Kanaille, d. h. nicht Angeber, Intrigant und skrupelloser Verleumder, darauf be- dacht, jeden aus dem Wege zu schaffen, der ihnen etwas voraus hat.

Fesche Wienerinnen gab es im Lager in großer Zahl. Bezeich- nend war, daß sie sich sehr gut hielten und nicht gehen ließen. Meine Stubenälteste von Block 1, Franzi Cantor, Frau eines Wiener Ban- kiers, räumte lautlos Schwierigkeiten aus dem Wege, ohne viel Worte zu machen. Bei vielen anderen ging alles mit großem Geschrei vor sich, und es wurde doch nichts erreicht. Eine Wiener Musikanten- gilde erfreute uns in der Weihnachtszeit und auch sonntags öfters mit wahrhaft künstlerischen Darbietungen. Auf Stunden konnte man ver- _ gessen, daß man im K.Z. war. Diesen Vorzug hatte man aber nur auf den weniger überfüllten Blocks und dem Krankenrevier, auf den anderen Blocks konnte man meistens sein eigenes Wort nicht verstehen.

Frau Edlinger aus Graz gehörte ebenfalls zu den Frauen, die in jeder Situation Haltung und Würde wahrten und aufrecht blieben. Jedes Zusammentreffen mit solchen Frauen gab Mut und Kraft und oftmals viel Anregung zum Nachdenken. Vielen, vielen möchte ich danken, daß sie geholfen haben, der Hölle zu trotzen.

Die Witwe des Kommunistenführers Ernst Thälmann , der bei einem Bombenangriff auf die Diensthäuser des Lagers Buchenwald ums Leben gekommen sein soll, war als Kameradin allgemein geachtet. Sie war ein sehr beherrschter Mensch. Frau Thälmann war als Sonderhäftling auf Block 24 zusammen mit der Witwe des Generals Wagner, der sich in Verbindung mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 selbst erschossen hat. Auf Block 24 herrschte ein ganz besonders kameradschaftlicher Geist. Es waren dort dieSchwerpolitischen untergebracht, vor allem viele Französinnen aus führenden Kreisen und viele Akademikerinnen, auch ganz hervorragende Studentinnen. Manche hatten französischen Kriegs-

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