I. Verhaftung unter dem Vorwand einer Vernehmung.
Am 4.6.1942, vormittags 10 Uhr, wurde ich aus meiner aufbauenden wissenschaftlichen Arbeit, die ich seit 20 Jahren im Interesse einer gerechten Lösung der sozialen Fragen leiste, jäh herausgerissen und unter dem Vorwand einer„Vernehmung“ von den beiden Gestapo - Kommissaren Klude und Schillings vom Reichssicherungshaupt- amt Berlin im Auto abgeholt.)
Am 19.2.1945, also nach 321/;, Monaten, als es für den von mir geplanten Vorstoß bereits zu spät war, wurde ich frei gelassen. Auf dem Schutzhaftbefehl, der mir erst 5 Monate nach der Verhaftung vorgelegt und ausgehändigt wurde, war als Grund angegeben:„Beleidigende Äußerungen über führende Persönlichkeiten“. Für ein derartiges Ver- ‚gehen hätte man im Vorkriegsdeutschland vor 1914 schlimmstenfalls mit einer Buße‘ von RM 3.— wegen ‚„Majestätsbeleidigung“ zu rechnen gehabt, aber selbstverständlich nur nach einwandfreier Untersuchung und Fest- stellung über das„Ob“ und„Warum“ solcher Äußerungen. Hätte es sich gezeigt, daß aufrichtige Besorgnis um Bestand und Erhaltung des Volkes dahinter stand,.so wäre man den Dingen auf den Grund gegangen.
Die Vernehmung am 4.6.1942 dauerte 6 Stunden. Die beiden genannten Kommissare erkannten sofort, daß es sich um Geklatsch handelte und ‚glaubten, mich am selben Tage wieder entlassen zu können. Indessen erfuhren sie, als sie das Protokoll dem Kriminalrat Sander vorlegten, daß dieser von dem Ressortchef, Gruppenführer Müller, Anweisung erhalten habe, mich bis zur Gegenüberstellung mit den Zeugen im Ge- wahrsam der Gestapo , im Polizeipräsidium am Alexanderplatz, unterzu- bringen. Ich protestierte unter Hinweis darauf, daß nichts erwiesen sei. Kommissar Klude erklärte:„Es kommt bei Ihnen von oben! Wir können Ihnen nicht helfen, wir sind zu kleine Leute. Ich kann Ihnen) auch gar keine Hoffnung machen.“ Kommissar Schillings sagte:„Wenn ich hier zu bestimmen hätte, würde ich erst mal die Klatschweiber zwei Monate lang zusammen in eine Zelle einsperren und dann fragen:„Was
habt Ihr jetzt noch gegen Frau Dr. Wagner zu melden?“ Dann wäre der Fall erledigt.“.'}
Als ich mich am 20.2.1945, dem Tage nach meiner Entlassung aus dem K.Z., vorschriftsmäßig bei der Gestapo in Berlin meldete,
I
er:
er Sc de lo
je


