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Inzwischen wütete die Himmler- Brutalität in ganz Deutschland weiter. Die Aktion Gitter", unter diesem Namen betrieb man die Verhaftungen früherer bekannter Partei- und Gewerkschafts­funktionäre im großen Stil, nahm immer größeren Umfang an. Täglich kamen neue Verhaftete, auch aus Württemberg, Baden und Hessen nach Dachau . Die Hessen waren auf dem Wege zum Lager Buchenwald schon in die Nähe von Weimar gekommen. Am 27. 8. 1944 erfolgte jedoch auf Buchenwald , das auch eine Munitionswerkstätte großen Stils war, ein Luftangriff und erfolgte daher ihre Umleitung nach Dachau . Die Belegschaft von Block 15 stieg rapid. Der Block, unterteilt in 4 Räume, hatte Platz für 240 Mann. In kurzer Zeit wurden jedoch 860 Aktionshäftlinge darin untergebracht. In Raum 2, dem ich mit angehörte, hausten 186 Mann. Auch der seinerzeitige Bayer. Ministerpräsident Fritz Schäffer und der Oberbürgermeister von München Dr. Scharnagl waren mit in diesem Raum. Bei einer solchen Überbelegung war natürlich alles viel zu eng und zu klein. Der Schlafraum in dem 3 Holzpritschen übereinander standen, war eine Sache für sich. Die Matratzen waren mit Holzspänen gefüllt, aber sie reichten nicht für alle Pritschen. Nicht alle gehörten zu den Glücklichen", die auf einer solchen Matratze ruhen durften. Je 5 Mann teilten sich immer in 2 Pritschen und hatte auch ich, das Glück" auf blankem Holz ruhen zu dürfen. Obwohl selbst noch nicht gesund, gehörte ich doch zu den Rüstigsten und Gesündesten und kam somit ,, hoch oben" in die oberste Reihe. Die stand jedoch so niedrig unter der Decke, daß ich nur kriechend in mein Lager kommen konnte und in gleicher Weise es auch wieder verlassen mußte. Die ersten Tage hatten wir nur Papiersäcke, in die wir schlüpften und die als, Ersatz für Decken" zu dienen hatten; nach etwa 8 Tagen bekamen wir dann pro Mann 2 Decken. Wenn nun tags­über die Sonne auf die mit Dachpappe gedeckte Baracke brannte, so fühlte ich mich wie in einem Backofen, der auch keinen Schlaf zulieẞ. Dazu kam die Ausdünstung der eng zusammengepferchten Menschen. Auch die Nächte konnten somit keinen Schlaf und kein Vergessen des mich umgebenden Jammers bringen.

Früh halb 5 Uhr erscholl dann der Ruf:" Aufstehen!" Alles wartete auf diesen Ruf, denn geschlafen hatte fast niemand; für mich wirkte er häufig als Erlösung. Müde und zerschlagen, ver­suchten wir dann, so rasch als nur möglich aus unserem Verhau zu klettern, denn schnell sollte es zum Waschen gehen. Um 5 Uhr mußte jeden Tag alles im Hof zum Appell angetreten sein. Der Waschraum umfaßte etwa 9 qm. In diesem Raum war ein rundes Becken von zirka 12 m Durchmesser und ein gemauerter

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