Brandenburg , im Zuchthaus, im Januar 1945
In der Todeszelle! Tag und Nacht sind die Hände übereinander gefesselt, nur zu den Mahlzeiten frei. Durch das einfache Fenster weht die eiskalte Winterluft. Der Heizkörper in der Zelle wird nur stundenweise erwärmt. Temperatur am Tage höchstens 10 Grad Wärme. Der Körper sträubt sich mit aller Gewalt gegen die Kälte, doch ist es zwecklos, da die innere Wärme fehlt, der Hunger an den Därmen nagt. Ständig hungern, ständig frieren. Nachts mit einer Decke auf dem Strohsack ist es noch schlimmer. Du krauchst zusammen wie ein Embryo, die Decke über dem Kopf, und versuchst, Dir mit Deinem eigenen Atem Wärme zu spenden. Wenn Du dann morgens durchgefroren aufstehst und hoffst, daß Du Dich mit dem Kaffee etwas erwärmen könntest, dann stellst Du fest, daß er meistens kalt ist. Die trockene Kruste Brot ist für den hohlen Zahn, das Mittagessen sowie das Abendbrot viel zu wenig. Der Hunger wird von Tag zu Tag größer. Auf einem kleinen Nachttopf mußt Du die Bedürfnisse verrichten. Das ist Kultur im Dritten Reich. Von menschlicher Behandlung keine Spur.
So vergeht ein Tag wie der andere. Du sitzt hier und wartest, Woche um Woche, bis sie Dich holen zum Totmachen. Du bekommst keinen Bescheid, ob Dein Gnadengesuch abgelehnt ist, wann Deine Hinrichtung ist. Nichts, nichts. Du wartest und wartest wie auf einem Schlachthof das Vieh, das zur Schlachtbank geführt wird. Das Schlachten von Menschen geschieht in folgender Weise:
Eines Tages, meist ist es ein Montag, geht die Zellentür auf, Dein Name wird gerufen. Der Beamte fragt: ,, Haben Sie ein Testament gemacht?" Und wenige Zeit später lebst Du nicht mehr. So rein geschäftsmäßig geht man mit Menschenleben um. Ist das noch Kultur? Und
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