Berlin- Plötzensee, den 8. Februar 1943

Mein letzter Wille!

Mein letzter Tag neigt sich dem Ende zu, und so heißt es scheiden. Scheiden von Euch, die Ihr mir so lieb waret, scheiden vom Leben, vom Kampf, den ich über alles stellte und von Euch Kameraden, die Ihr mir zur Seite standet. Und wenn ich jetzt am Ende zurückblicke auf die Zeit- auf unsere Zeit so stelle ich glücklich und zufrieden fest, daß dieses Leben schön und wert gewesen war, gelebt zu werden. Das Glück hat mich immer reich beschenkt. Mit einer herrlichen Jugend und einem friedlichen, vorbildlichen Elternhaus. Das danke ich Euch, Vater und Mutting! Sonnentage waren die Zeit, da wir Jungens wanderten oder später auf der Havel segelten. Ich danke Euch allen, Freunde in aller Welt, die Ihr mir in schönen wie in schweren Zeiten Lebensgefährten gewesen seid. Ich denke an Euch, meine lieben Drei in Danmark, an die sorglosen Tage, als wir auf dem Lille Belt fischten, und an Euch, Anneliese, Asucion, Carmen und Denise und die vielen anderen alle, deren Namen längst vergessen und deren Taten nur geblieben sind und bleiben werden. Meine Gedan­ken sind bei Euch, Ilse, Lene und Gerhardt, die Ihr seit langem sehnsüchtig auf Nachricht von mir wartet. Habt Dank alle, es war trotz allem doch eine schöne, herr­liche Zeit!

Und immer wieder hat das Leben mich vor Aufgaben gestellt und mich wählen lassen zwischen Kampf oder Verzicht. Wir haben das Leben nie verachtet, niemand, glaube ich, liebte die Sonne mehr als wir! Aber um des höheren Zieles willen haben wir es an die zweite Stelle gesetzt und an die erste Stelle den Kampf! Den Kampf unserer Zeit mit all seiner Brutalität und Gemeinheit, mit seinem Haẞ und seinem Grauen und mit der Gewißheit,

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