‚Nanda, das hat sich gelohnt!" Ein Kommentar dazu erübrigt sich.— Wie ich nachher erfuhr, soll sie in Ber- lin mit einem Mann zusammen gehaust haben, von dort in die Heimat gefahren sein, wo sie von der Kriminal- polizei entdeckt wurde. Und nun kam sie wieder als „Rückfällige‘‘, so hießen diejenigen, die zum zweiten Mal in ein Konzentrationslager eingeliefert wurden. Grauen- hafteste Strafen standen ihr bevor. Wenn ich mich nicht irre, hat sie viermal fünfundzwanzig Stockhiebe erhal- ten und überstanden, ebenso eine lange Wochen dauernde Artestzeit und Strafblock. So zähe war sie. Nach ihrem eigenen Ausspruch aber hatte sich das Jahr Freiheit „gelohnt“.
Eiockalteste über vierhundert Dirnen...
„Wir sind wie Kinder nicht, die arglos spielen, uns schloß die kalte Zeit den heißen Mund... Wir reiben uns an unsrer Liebe wund
und sind verworfen, ehe wir gefielen....
Die jeweilige Blockälteste im Block II wurde von den Dirnen allgemein„Puffmutter‘‘ genannt. Und so hatte ich die„große Ehre‘, von der Leitung des Lagers nach eini- gen Monaten Wirken als Stubenälteste zur Mutter der Dirnen befördert zu werden. Ich weiß nicht, was ich gegeben hätte, wenn ich diesen Posten nicht hätte an- zunehmen brauchen. Ich war nicht die robuste Person, die zu so einem Posten unbedingt gehörte. Ich nahm alles zu schwer, zu gewissenhaft, litt unter den Drohun- gen und Gemeinheiten und Verrätereien der Häftlinge untereinander. Wie oft hat man mir geraten, ich solle mir ein dickeres Fell anschaffen, aber es glückte mir trotz aller Mühe nicht. Was soll man tun, wenn man ıaun einmal so beschaffen ist?
Als Sascha, unsere bisherige Blockälteste, fort war, blieb ich wieder, geistig und seelisch ganz einsam, allein
zurück unter fast vierhundert Dirnen und Asozialen. Da
Sascha nicht mehr da war, mit der ich doch zuweilen in später Abendstunde ein wenig geistigen Austausch hatte
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