fettem Doppelkinn mißtrauisch gemacht. Gustav hat eine Solidaritätsaktion organisiert. Er versorgt eine Reihe Genossen regelmäßig mit Brot. Auf Sepps Fürsprache werde ich in den Kreis aufgenommen.

Selten spricht Gustav über die politische Lage. Meist aber über Nebensächlichkeiten, während seine Augen immer wieder unbewachte Momente seines Gegenübers zu erspähen suchen. Er scheint ein vorbildlicher Funk­tionär zu sein, scheint über gute Beziehungen zu Russen, Serben und anderen Ausländern zu verfügen und ist meist über die neuesten Ereignisse draußen gut informiert.

Wir beschließen, daß mich Gustav als Magaziner und Schreiber in seine Schmiede nimmt. Sein Vertrauen ehrt mich, ich nehme mit Freuden an.

Es ist an der Zeit, ein paar Worte über die Rolle der SS zu verlieren.

Wenn ich bislang nichts über die SS gesagt hab SO soll das nicht heißen, daß diese Organisation im Lager unsichtbar geblieben wäre.

Ich darf aber bei euch voraussetzen, daß ihr den Film Todesmühlen" gesehen habt, daß ihr die Mörder­prozesse von Auschwitz , Dachau , Belsen, Mauthausen und Neuengamme in den Zeitungen verfolgt habt und daher über den Charakter und die politische Rolle der SS im Bilde seid.

Aus diesem Grunde will ich hier nicht von dem Terror der SS reden, unter dem wir täglich und stündlich lebten, sondern davon, wie das gesamte KZ- System sich auf den einzelnen Menschen auswirkte: wie der Kriminelle zum reißenden Tier wurde oder wenn er im Innersten nicht schlecht war, ganz einfach kaputt ging; wie einzelne Genossen im Laufe der Jahre dem ständigen Demorali­sierungsdruck nicht standhielten, besonders, wenn sie zunächst mit den besten Absichten

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leitende Posten

annahmen; wie endlich andere Genossen, und zwar die

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