Zeitschriften gruppierten. Da waren die„Linken“, die Sektierer, deren Abgott später Heinz Neumann wurde mit seiner Kampfparole:„Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!"
Glaubt aber nicht, Freunde, daß wir uns über diese Punkte sehr rasch einig wurden! Es gab auch im Zucht- haus Genossen, und zwar keineswegs schlechte Genossen, die von einem gewissen Unfehlbarkeitswahn besessen waren, welche in jedem Kritiker einen„Agenten der Bourgeoisie im Schoße der Partei‘ sahen, und welche diese Kritik als„Zersetzungserscheinung” erklärten.
Ich aber konnte mich mit einer solchen Auffassung nicht abfinden. Denn wie sollen wir in Zukunft Fehler vermeiden, wenn wir nicht über die vergangenen Fehler sprechen?\
Versetzt euch in die Lage eines Kämpfers, dessen Armee eine vernichtende Niederlage erlitten hat. Er kennt sein Ziel, und er kennt den Weg. Und er sieht, daß trotzdem dieses Ziel nicht erreicht wurde, daß im Gegenteil der Feind auf der ganzen Linie gesiegt hat.
Ich bin durch die Schule der Selbstkritik gegangen. Ich bekenne offen: Manchmal bin ich über das Ziel hin- ausgeschossen, manchmal bin ich in eine Sackgasse ge- raten. Aber die Liebe zu meiner Partei und der Blick auf unser großes Endziel haben mich immer wieder auf den richtigen Weg gebracht. y
Heute, nach 8 Jahren, weiß ich, daß die Zeit meiner Einzelhaft die politisch fruchtbarste meines Lebens war.
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Es war mir aufgefallen, daß die meisten Briefe, die ich nach Hause schrieb, beanstandet wurden. Entweder hatte ich über die Zeilen geschrieben oder hatte ein Wort ausgestrichen oder hatte mein Körpergewicht an- gegeben— kurzum, jedesmal wanderte mein Brief zu den Akten, und ich erhielt Genehmigung, einen neuen Brief zu schreiben. Das gleiche'spielte sich bei zahlreichen
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