Entspannung. Da ertönt schon der schrille Pfiff und gleich hinterher der Befehl: ,, Aufstehen!" Der vor Hitze und Durst japsende Hund erhebt sich als erster und gibt durch Bellen das Zeichen zum Aufbruch.

Den Vormittag hat man glücklich überstanden, jetzt heißt es bis zum Abend durchhalten, nach derselben Devise wie am Vormittag. Nach getaner Arbeit der lange, ermüdende Rück­marsch ins Lager. Nur nicht daran denken, wie sehr die Füße, die Hände und das Kreuz schmerzen, noch steht uns ein fast zweistündiger Abendappell bevor. Erträglich ist nur der eine Gedanke, wieder ist ein Tag geschafft. Noch ein siegreicher Tag! Ein Tag der Freiheit näher, vielleicht auch dem Tode... Von weitem empfangen uns schon die bekannten Orchester­klänge am Tor. Die Mandolinen und Geigen jubeln und froh­locken, summen wie Insekten auf dem Felde, und die Trommel warnt und mahnt: Achtung, Achtung, links, links, links und links. Die gesenkten Häupter schnellen nach oben, die Körper straffen sich, die Fünferreihen werden hastig ausgerichtet, und die ersten Reihen passieren bereits das Tor. Und wieder steht die schaurigschöne ,, Aufseherin" Mandel kontrollierend neben ihrem Auto, die bösen Blicke der übrigen SS - Männer und SS­Frauen gleiten prüfend über die Kolonnen. Wird es gelingen, unbehelligt hindurchzukommen oder nicht...

Ein kleines, zartes Mädchen, das inmitten einer Gruppe mar­schiert, erwischt es.

Auf dem Felde hatte sie sich ein Sträußchen Tausendschönchen gepflückt, es sich angesteckt und vergessen, es vor dem Ein­marsch zu verstecken oder noch rechtzeitig fortzuwerfen. Man zerrt sie aus der Reihe, entreißt ihr die Feldblumen, zertritt sie und prügelt auf das arme Geschöpf ein. Die Kolonne mar­schiert unerschütterlich weiter. Und das Orchester spielt.

Das Mädchen kniet mit blutüberströmtem Gesicht am Weg­

82