rande und hält in ihren nach oben ausgestreckten Händen zwei schwere Steine. Von den Tausendschönchen blieb keine Spur, hunderte von Tritten haben sie zermalmt, und das zarte, knieende Mädchen war vom Trapez abgestürzt. Kein tödlicher Fall, aber ein bedrohlicher Sturz. Sicherlich wird sie morgen in der SK( Strafkolonne) mitmarschieren.

In der ersten Zeit spielte das Orchester nur zweimal täglich, am Morgen und am Abend, manchmal auch am Sonntag vor­mittag. Als die Transportzüge mit den ungarischen, für die Vergasung vorgesehenen Juden immer häufiger wurden, ordnete die Lagerleitung zweimal wöchentlich Platzkonzerte auf dem Terrain des Spitals an, um angeblich zur Unter­haltung der Kranken beizutragen. Zu diesem Zweck eigens mußten wir den Platz für das Orchester herrichten. In der Mitte befand sich eine große, quadratische Rasenfläche, von der ein Teil, mit Steinplatten ausgelegt, Standort des Orchesters wurde; auf die Steinplatten mußte mit Kalk eine Harfe ge­malt werden. An den Ecken des Platzes entstanden Blumen­anlagen, aber die Blumen wollten seltsamer Weise nicht ge­deihen trotz sorgsamster Pflege welkten sie dahin. Auf dem Gelände um den Platz herum war noch viel Arbeit zu leisten: aus flachen, gleichgroßen Steinchen mußte ein Weg angelegt werden. Da auch ich mit dem Pflastern dieses Weges beschäftigt war, hatte ich Gelegenheit, diesem ersten Konzert beizuwohnen. Auf der Erde knieend, fügte ich mühsam Steinchen an Stein­chen. Das Orchester traf auf dem Platz ein. Notenständer wurden aufgestellt, Noten ausgebreitet und die Klappstühl­chen hingestellt. Eine hochgewachsene, biegsame Frauengestalt nahm ihren Platz vor dem Orchester ein, hob den Dirigenten­stab, als erstes Stück erklang ein sentimentaler Walzer. Aus allen Krankenblocks kamen die Kranken heraus, einige waren gut zu Fuß, andere schleppten sich, in graue Decken

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