kuppen in graublauem Dunst ab, und die schneebedeckten Gipfel schimmern in rosa getönter Färbung. Ein allgemeines Aufatmen, es ist alles ohne Zwischenfall geglückt, der Tag hat gut angefangen. Die ersten Übungen auf dem Seil sind gut verlaufen. Das Herz hüpft einen kurzen Augenblick vor Freude und möchte am liebsten aus dem Käfig herausspringen und wie ein Zirkuskünstler zu dem Besitzer sagen: voilà! Weiterhin muß man sehr aufmerksam und achtsam sein die zweite Nummer des Tagesprogramms läuft an und dauert bis zum Mittag um zwölf Uhr. Jetzt heißt es, überlegt arbeiten und sich nicht überanstrengen, seine Kräfte sparen, ohne daß die Aufseher etwas merken, immer in der Reihe bleiben, sich nicht entfernen, sonst bekommt man unweigerlich den Knüppel oder die Hundezähne zu spüren.( Der Hund wirkte völlig harmlos: mit seiner gutartigen Schnauze hätte man ihn für ein durchaus friedliches Haustier halten können.)
Zwischen zwölf und einhalb ein Uhr ruhen die zu Tode ermatteten Glieder aus, und der hungrige Magen wird mit einem brühheißen, dicken Brei abgespeist. Die Sonne glüht, ein Glück, daß es nicht regnet. Bienen summen um die Blumen am Wegrand, und weiße Lämmerwölkchen kräuseln sich am Himmel. Jemand prophezeit Regen, die Wölkchen und die klare Sicht auf das Gebirge seien sichere Anzeichen dafür. Eine andere bemerkt dazu, daß ihr Regen bei ihrem Herzleiden lieber sei als Sonne. Sie hält einen Augenblick inne und greift nach ihrem Herzen. In ihren Augen steht die bange Frage: Wieviel Sonnentage wird dieser immer schwächer arbeitende Motor noch durchhalten? Eine andere wiederum empfindet das Sonnenwetter als Wohltat für ihren Gelenkrheumatismus, der ihr bei der Feldarbeit im Regen unerträgliche Schmerzen verursacht. Allmählich verstummen die Gespräche ganz, jeder sehnt sich nur nach Ruhe, nach völliger
6
81


