Georg wiederholte noch einmal, daß er dem Kinde damit eine Freude bereiten wollte und für kein Gold der Welt etwas dafür annehmen würde.

,, Nun, dann möchte ich darum bitten, die Tauben wieder mit­zunehmen", sagte die Mutter scharf.

Georg schob seine Müge gerade, pfiff, und schon kamen die Tauben auf ihn zugeflogen. Innerhalb weniger Sekunden ge­schah etwas Grauenvolles. Georg faßte die beiden Tauben an den Füßchen, legte sie auf den Hauklotz, neben dem eine Axt lag, und hackte mit einem Hieb beiden die Köpfchen ab. Die zuckenden, blutenden Tiere warf er mir mit den Worten vor die Füße:

,, Wenn das Opfer dem Propst nicht willkommen ist, so geh in den Stall, Kalb!"

Ich schrie wie am Spieß. Die Mutter riß mich fort und trug mich auf ihren Armen in das Haus. Am Abend bekam ich hohes Fieber, und in den Fieberphantasien sah ich immer wieder die entsetzlich zugerichteten, blutigen, bunten Tauben vor mir.( Damals war ich einer Gehirnhautentzündung nahe.) Dieses Erlebnis hat sich mir so eingeprägt, daß mir beim Anblick eines smaragdgrünen Rasenteppichs noch jahrelang auf dessen Grunde das Bild meiner' verstümmelten toten Tauben erschien.

Und auch heute auch hier sind sie mir erschienen unter den Hunderten von Beinen, die ich durch das schmale Fensterchen sehen kann. Ich habe Dir noch nichts davon geschrieben, daß auf diesem Bahngeleise Tag für Tag ungezählte Züge ein­treffen. Von den Menschen, die dort aussteigen, kann ich nur die Füße sehen, die bald dorthin wandern, wo sie der sichere Tod erwartet. Stundenlang liege ich hier, in meinem Blickfeld

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