lieber am Schluß meines Briefes, oder vielleicht auch gar nicht.
Der steile Abhang des Bahndamms leuchtet in hellem, zartem
wundervollem Grün— jemand sagte, heute sei der 15. April und draußen schiene die Sonne. Ich sehe sie nicht, doch ich fühle sie. Aus der inneren Freude am Sonnenschein und unter dem hinreißenden Zauber des frischen Grün faßte ich den Entschluß, Dir zu schreiben....
Unter dem Eindruck der Frühlingsstimmung tauchen alte, liebe Erinnerungen in mir auf. Irgendwo in der Ferne sehe ich blühende Gärten, weiße Blütenblätter bedecken die Erde. Ich erinnere mich eines Tages, als wir beide zusammen von Lublin nach Jastkowo fuhren. Weißt Du noch? Unter blühen- den Bäumen fuhren wir dahin, in uns war ein so seltener Frieden, es ist mir unvergeßlich, und dann die andachtsvolle Stille auf dem Jastkowoer Friedhof. Auf dem Rückwege er- zähltest Du mir von Deiner ersten Schlacht, dabei fiel mir eine Kindheitserinnerung ein, ein Erlebnis im Frühling, der erste, der sich mir im frühen Kindesalter eingeprägt hat. Diese Erinnerung schnitt mir ins Herz, und für Sekunden wurde dieser tief im Innern verborgene Schmerz wieder fühl- bar. Ich wollte Dir davon erzählen, aber ich tat es nicht, um unsere frohe Stimmung nicht zu trüben. Wozu sollte ich ge- rade heute davon sprechen? Ich kann es ihm später einmal erzählen, überlegte ich mir. Es kommt noch zurecht. Wir wissen ja beide, daß wir unzertrennlich zusammengehören. Einmal werde ich ihm von dem ersten Frühling in meinem
Leben erzählen...
Es blieb dabei, es kam nicht mehr dazu. Das Schicksal hat uns jäh auseinandergerissen, durch unendliche Weiten, ja
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