..Du mußt durchhalten, du mußt weiterleben", redete ich ihr zu. ,, Du mußt in die Heimat zurückkehren. Weißt du, Zina. ich habe gehört, daß die Rote Armee ständig im Vormarsch begriffen ist und auch uns hier bald befreien wird."

Aufmerksam horchte sie bei diesen Worten auf und sah mich mit forschenden Blicken an.

,, Warum, warum schlägt man mich nur so? Ich bin doch genau solch ein Mensch wie sie."

Zina hörte auf niemanden und reagierte auf kein Zureden. Eine besondere Vorliebe und Zuneigung hatte sie zu Frau. Szybinska, einer Warschauerin, gefaßt, die von uns ,, Mama" genannt wurde. Mama nahm für Zina die Brotration entgegen, auch die Suppe, die die Blockälteste verteilte, Mama war die einzige, von der Zina das Essen annahm. Manchmal nachts schlich sich Zina in Mamas Zelle, weckte sie und bat, da sie hungrig war, um ein Stückchen Brot. Die Alte nahm sich in rührender, aufopfernder Fürsorge ihrer an, auch bei der Arbeit verlor sie dieses Mädchen nie aus den Augen und hatte sie stets in ihren Gedanken. Nach Möglichkeit richtete sie es so ein, daß auch Zina beim Verlesen von Steinhaufen mithalf.

,, Komm nur, Zina, komm nur, das Aussortieren der Steine ist die allerleichteste Arbeit", redete sie ihr, halb polnisch, halb russisch sprechend, zu.

Zina warf einige Steine auf den Haufen, und dann ließ sie ihre schönen, blauen Augen versonnen in die Ferne schweifen.

,, Nun, arbeite, arbeite, mein Liebes, sonst kommt der, Block­führer oder die Herta und schlagen dich wieder."

Sie fuhr zusammen.

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