im Lager plötzlich die Nachricht, daß die Russenkinder fortkämen. Die Mütter sollten hierbleiben und die Kinder in ein besonderes Kinderlager gebracht werden. Die Mütter mußẞten ihre Kinder persönlich in die Badeanstalt bringen, sie selbst noch baden und anschließend der Transportleitung übergeben. Das Lager erfüllte ein einziges Wehklagen, ein Schluchzen, Jammern und Stöhnen, Ausbrüche tierischen Leids. Mütter flüchteten mit ihren Kindern in ihrer Verzweiflung irgendwohin, versteckten sich in den Klosetts, verkrochen sich in Gräben und Löchern. Es half alles nichts, sehr bald hatte man alle entdeckt, entriß ihnen die Kinder und stellte sie in Reih und Glied vor der Badeanstalt auf. Und wieder standen wir uns wortlos gegenüber, sahen uns unter Tränen an, weinende Mütter.
Nach einigen Tagen zeigte mir eine Mutter, deren drei Kinder abtransportiert worden waren, einen kleinen, heimlichen Zettel, von uns ,, Grips" genannt, den sie von ihrer ältesten zehnjährigen Tochter bekommen hatte.
,, Mama, gräm Dich nicht, sei guten Muts, weine nicht um uns. Ich werde schon für Saszka und Tania sorgen. Saszka hat unterwegs überhaupt nicht geweint. Hier werden wir es, glaube ich, ganz gut haben. Ich bin doch schon ein großes Mädchen, ich werde Dich nie vergessen, Mama, und auch Ruẞ land nicht. Ich weiß, wie man nach Hause kommt..." Die letzten Worte waren auf dem zerdrückten und verschmierten Zettel so verwischt, daß ich sie nicht entziffern konnte.
Diese Kinder waren tatsächlich in ein Kinderlager in das Gebiet von Posen gekommen. Das bestätigten Auschwitzer Pflegerinnen, die den Transport begleitet hatten und den
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