zurückgebliebenen, beunruhigten Müttern vielleicht die letzten Grüße ihrer Kinder überbrachten.

Nach dieser Nachricht atmeten alle etwas auf. Dieser leichten Entspannung folgte jedoch sehr bald eine neue Katastrophe! In einer Nacht waren Tausende jüdischer Kinder, die in den sogenannten Familienlagern" untergebracht waren, liqui­diert worden.

Wie oft hatten wir die hinter Stacheldraht spielenden Kinder beobachtet. Es hieß ganz offiziell, daß gerade diese ,, Familien"- Lager als eine Art ,, Reservat" erhalten bleiben sollten. Die Lagerinsassen hatten ganz andere Rechte als wir. Die Fami­lien wohnten zusammen, wurden zu keinen Zwangsarbeiten herangezogen und bekamen auch bessere Verpflegung als wir. An jenem unglückseligen Tage war alles wie immer und ganz normal. Um fünf Uhr nachmittags bekamen die Kinder zum Abendbrot süße Milchgrütze, und wenige Stunden später be­gann die Aktion der Überführung in das Krematorium. Seit jenem Tage entfesselte sich eine wahre Vernichtungsorgie. Aus der Tschechoslowakei , Ungarn , Holland , Belgien und Frank­ reich trafen Tag und Nacht Transporte mit Hunderttausenden von Juden zur Vergasung ein. Alle Krematorien waren in Betrieb, die Öfen reichten nicht mal für diese Massenver­brennungen aus. Daraufhin wurde befohlen, Gruben von riesenhaften Ausmaßen auszuschachten, in denen, wie man hörte, Berge von Kinderleichen verbrannt werden sollten. Da­mals habe ich Hunderte von Kindern aus den Zügen aus­steigen und in den Tod gehen sehen. Jetzt, während ich das Er­lebte aufzeichne, wundere ich mich noch darüber, daß ich als Mutter, die nicht nur ihr eigenes Kind, sondern alle Kinder auf der Welt liebt, damals nicht irrsinnig geworden bin.

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