Lastautos abholten und in die Krematorien brachten. Links hinter den Krankenbaracken führte ein Weg über den Bahn­damm zum Krematorium. Wie oft sind dort ganze Züge kerngesunder Menschen ausgeladen worden, die sofort in Fünferreihen ihren Todesmarsch antreten mußten.

Und jeden Morgen kam man immer wieder zu demselben Er­gebnis, daß die Wahrscheinlichkeit des Überlebens ganz mini­mal sei. Die noch unlängst unter uns Müttern in starkem Maße vorhanden gewesene Begeisterung für die Kinder ließ immer mehr nach. Und ganz plötzlich, wie auf Befehl, hörte man eines Tages überhaupt auf, von den Kindern zu sprechen. Mir ist so in Erinnerung, als ob dieses Schweigen unmittelbar nach dem Tode der Tschechin eingetreten ist, oder vielleicht irre ich mich auch? In unseren Unterhaltungen existierte der sonst unerschöpfliche Gesprächsstoff über die Kinder einfach nicht mehr, man begann nunmehr über Träume, Intrigen, po­litische Ereignisse und ausgezeichnete Küchenrezepte zu reden.

Aber trotzdem kehrte dieses Thema wieder, es mußte wieder­kehren, wenigstens einmal im Monat, wenn die langersehnte Post kam. Mit tränenfeuchten Augen lasen dann die Mütter immer wieder und immer wieder die Nachrichten über ihre Kinder und tauschten untereinander die neuesten Familien­ereignisse aus.

,, Denk dir, Halina macht in diesem Jahr schon die Aufnahme­prüfung ins Gymnasium. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, denn als ich von zu Hause fortging, war sie doch noch so ein kleines Ding."

,, Jurek hatte eine Erkältung, aber es geht ihm schon wieder gut. Guck mal, er hat selbst unterschrieben, er malt doch schon ganz schöne Buchstaben."

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