sten, klügsten und vorbildlichsten Geschöpfe. Schon nach wenigen Tagen wußten wir Mütter alle glänzend über die ,, eigenen Kinder" Bescheid und wer die Mutter von Halinka, Rys oder Marysia war.
Alle Kindergeschichten kannten wir auswendig, und allen gemeinsam war die Sehnsucht nach einem Lebenszeichen und die Erwartung auf Post.
Jeden Tag in aller Frühe, wenn wir mit Spaten und Tragen bewaffnet, zur Arbeit marschierten, begegneten wir einer Kolonne, die die Toten aus dem Revier heraustrug. Einzeln, in einer langen Reihe, wurden die Leichen, über die nur Fetzen zerrissener alter, grauer Decken geworfen waren, auf Bahren davongetragen. Meistens waren die Tragbahren viel zu kurz, die bloßen Gebeine ragten unter der Decke hervor und schlotterten bei jedem Schritt der Träger hin und her. Von weitem hatte man den Eindruck, als ob sie selbst noch an diesem ihren letzten Marsch teilnähmen.
Man konnte sich dem nicht widersetzen, unwillkürlich zu zählen, ohne es zu wollen, mußte man hinsehen.
99.
Eins, zwei... fünfzehn, zwanzig, dreiunddreißig..."
,, Wieviel hast du gezählt?"
,, Heute waren es, glaube ich, vierzig, das ist nicht übermäßig viel."
,, Aber wieviel werden es nachmittags sein?"
,, Morgens sind es doch immer mehr."
Dann im Winter, als die Epidemien geradezu wüteten und die manchmal sogar tägliche Sterbeziffer durchschnittlich 300- mehr betrug( das war Weihnachten 1943), lagen die Leichen vor den Blocks, nackend, im Schnee und Schmutz, bis sie
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