KINDER HINTER STACHELDRAHT

Von den eigenen Kindern wurde im Lager nur in der ersten Zeit gesprochen, als man diese ,, humanitäre" Einrichtung noch nicht genügend kannte. Als einem das Zuhause noch so greif­bar nahe und real vor Augen stand. Als man noch den Glau­ben und die Hoffnung hatte, daß man bald nach Hause zu den Kindern zurückkehren würde.

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In den ersten Wochen unseres Auschwitzer Aufenthaltes dreh­ten sich die Gespräche der Mütter untereinander bei der Ar­beit oder in der Freizeit immer wieder um dieselben Fragen: ,, Wie alt ist Ihr Töchterchen?"

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,, Dreieinhalb, es hat silberblonde Löckchen und ist so klug. Als sie mich in der Nacht abholten, da..."

..Mein Rysio ist schon zehn geworden. Im Alter von acht Jahren konstruierte er einen kleinen Motor und baute einen kleinen Kahn, der ganz selbständig schwamm."

,, Und ich habe drei zurückgelassen", erzählte eine Tschechin, während sie die schweren Steine schleppte. ,, Mein Junge war fünf, die eine Tochter drei und die jüngste erst sechs Monate alt."

,, O Jesu! Solch ein kleines Würmchen."

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,, Nun, ja!"

Und so ging es immer in der Runde herum. Nach den Er­zählungen der Mütter waren ihre Kinder alle die entzückend­

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