aus, und unter dem bitteren Zwang der Bühnennotwendigkeit mußten wir, nach vorheriger einsichtsvoller Einwilligung von Marysia, die Doppelbesetzung ihrer Rolle veranlassen, obwohl Marysia ihren Zustand für ungefährlich und nur für eine vor­übergehende Unpäßlichkeit hielt.

Unermüdlich arbeitete sie weiter. An den Nachmittagen trafen wir uns in unserer Wohnung, probten gemeinsam mit den anderen Darstellern, rezitierten die Texte, diskutierten über den Inhalt, erörterten Probleme der Diktion und des Zu­sammenspiels der einzelnen Personen untereinander. Diese Zusammenkünfte bildeten die letzte Phase der beruflichen Arbeit Maria Zarebinskas als Schauspielerin. Wie freute sie sich immer über Neuerungen, wie gern wandelte sie ihre alten Formen! Sie spielte in der Premiere, die als Jubiläums­feier für Grabowski und durch das Mitwirken von Wegrzyn und Leszczynski den Charakter einer Festvorstellung hatte. Sie spielte dann noch einige wenige Male, fast immer mit leichtem Fieber, bis sie sich entschloß, doch lieber im Bett zu bleiben. Und von nun an sollte sie das Theater nie mehr wiedersehen.

Die tragischen Folgen der Auschwitzer Erlebnisse hafteten unbemerkt ihrem Organismus an, verharrten eine Zeitlang, bis sie unerbittlich ihre durch das Häftlingsschicksal zerstörte Lebenskraft auslöschten. Von einem Kuraufenthalt in der Schweiz unter der Betreuung erfahrener, mit den modernsten Heilmitteln der Medizin vertrauter Ärzte hoffte man, ihr Le­ben zu retten, das im Erlöschen war.

Marysia sehnte sich in ihre Heimat zurück. Sie hatte immer nur den einen Wunsch, in ihrer Heimat zu sterben. Die Er­füllung ihres letzten Wunsches war undurchführbar. Am 5. Juli 1947 starb sie in dem Züricher Sanatorium Hirslanden. Wla­dek, ihr Mann, und Maja, ihre geliebte einzige Tochter, kehr­

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