daß viele von ihnen bei jeder Gelegenheit auch auf die Häftlinge einschlugen. So entstand ein Zustand, welcher in immer gesteigerter Form ,, Ausrottung und Vernichtung" darstellte. Fast in jedem Arbeitskommando herrschte bald der Knüppel. Die tägliche Zahl der Toten stieg erheblich. Das Niederschlagen, Treten und Melden der Häftlinge bei angeblichen Verfehlungen ging am laufenden Band. Eine besondere Nachwirkung hatte die öffentliche Hinrichtung an Bargatzki gezeitigt. Die Zahl der Selbstmorde stieg rapid. Schon am nächsten Morgen begann die Epidemie. In einer der nächsten Nächte waren es acht Häftlinge, die diesen Weg der Erlösung gesucht hatten. Beim Frühappell, der wichtigsten Angelegenheit der Lagerleitung, fehlten diese Lebensmüden, ihre Nummern und Namen wurden festgestellt, und dann begann das allgemeine Suchen, die Menschenjagd. ,, Tot oder lebendig" war die in jedem Falle ausgegebene Parole der Lagerleitung, mit der Auswirkung, daß noch lebend angetroffene Häftlinge, welche durch irgend einen Umstand nicht angetreten waren, von der suchenden SS oder Häftlingen erschlagen oder als Sterbende vor die Füße des Lagerführers gelegt wurden. Und je höher die Zahl der Toten stieg, die auf das Konto Richters kamen, desto geschwollener und hemmungsloser wurde dieses scheuẞliche Individuum, dieses Untier, das Menschenblut geleckt hatte und nun im Menschenblute wuchs. Er war das würdige zu allen Verbrechen brauchbare Werkzeug der Lagerführung und des Lagerkommandanten Koch. Ich werde später auf ihn zurückkommen. Die Zeit schreitet vorwärts. Der provisorische Stacheldrahtzaun wird ersetzt durch einen zeitgemäßen. Die Häftlinge müssen ihn bauen. Ein Stacheldrahtzaun, der den Anforderungen des Dritten Reiches entspricht, mit Starkstromleitung und spanischen Reitern versehen. An die 25 massive Wachtürme in kurzer Entfernung außerhalb des Stacheldrahtzaunes umsäumen denselben. Maschinengewehrposten halten das Lager unter dauernder Bewachung. Am Lagereingang, nach beiden Seiten anlehnend an das große eiserne Eingangstor, steht der massive Bau, in dem nach der einen Seite einige Dienstzimmer der SS, nach der anderen Seite die Arrestzellen für die Häftlinge und der SS sich befinden.
,, Recht oder Unrecht, mein Vaterland" steht in großen Lettern über dem Eisentor. Und über demselben, an der höchsten Stelle, welche die Wachposten innehaben, überschauen diese den Appellplatz und den Verkehr durch das Tor.
Die Häftlinge arbeiten, sie arbeiten schwer unter den Augen der Lagerleitung, der SS und unter dem Antreibersystem der Vorarbeiter, welche weiße Armbinden mit der Aufschrift ,, Kapo " tragen. Diese Vorarbeiter werden gewollt oder ungewollt zu Schindern an den Häftlingen.
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