Einer setzte sich zur Wehr und wurde niedergeschossen. Aber die anderen wurden nicht entdeckt.

Am nächsten Tage sollten 46 politische Häftlinge, durchweg Lager­funktionäre und Führer der illegalen Organisation, am Tor antreten. Der Zweck war klar. Alle 46 waren verschwunden. Wieder wurden Lagerälteste und Blockälteste zum Kommandanten gerufen. Sie gingen erst nach vorheriger Rücksprache mit dem internationalen Lager­komitee. ,, Geht keinen Schritt mehr aus dem Lager", erklärte das Lagerkomitee. ,, Wenn der Kommandant von euch etwas will, soll er ans Tor kommen. Wenn sie euch im Lager verhaften wollen, hauen wir euch heraus." Wieder erklärten sich die Lagerfunktionäre auẞer­stande, die 46 zu finden. Wieder kamen schwerbewaffnete SS- Pa­trouillen ins Lager und suchten. Sie kamen überfallartig bei Nacht in einzelne Blocks zur Durchsuchung. Sie fanden keinen, und keiner ließ sich provozieren. Losgeschlagen wird nur auf Befehl", war die Losung.

Dann begann die SS die Baracken des Kleinen Lagers zu räumen und die Insassen zum Abtransport auf den Appellplatz zu treiben. Ein großer Teil von ihnen verschwand in den Baracken des Großen Lagers. Die SS schoß. Noch galt der Befehl: ,, Nicht provozieren lassen. Hin­halten. Verzögern." Die für den Abtransport Zusammengetriebenen wurden von der SS in die D.A. W.- Baracken gesperrt. Nachts wurde ein Teil von ihnen vom Lagerschutz wieder herausgeholt. Die SS erklärte den Kranken: ,, Das ganze Lager wird evakuiert, was an Kranken und Marschunfähigen zurückbleibt, wird zum Schluß liquidiert und das ganze Lager angezündet." Viele der Unorganisierten aus dem Kleinen Lager ließen sich dadurch einschüchtern und haben dies mit dem Leben bezahlt. Schon nach wenigen Tagen, ja oft nur Stunden, bra­chen sie auf dem Marsch zusammen und wurden erschossen. Die pol­nischen Kameraden beschlossen, geschlossen auf den Marsch zu gehen. Ihre militärischen Kader marschierten in kleinen Gruppen über den ganzen Transport verteilt; sie wollten die erste beste Gelegenheit be­nützen, um auszubrechen. Ein Teil von ihnen ist durchgekommen.

Die Spannung war aufs Unerträgliche gestiegen. In der Nacht vom 10. zum 11. April beschloß die militärische Leitung, sich weiteren Evakuierungsmaßnahmen offen und gewaltsam zu widersetzen. Die Front war wieder in Bewegung gekommen und seit zwei Nächten

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