Zunge und Lippen zerbissen, die Hände mit den losgerissenen Finger- nägeln in die Erde verkrampft....
Roten Mohn legten wir in die toten Hände, die Menschen jener Gegend schlugen das Zeichen des Kreuzes über den Särgen, und als der Wagen zurückfuhr, trat die in der Nähe liegende französische Militärwache heraus und grüßte die Toten mit präsentiertem Gewehr.
So brachten wir einen der elf Ermordeten in die Heimat zurück, Her- mann, meinen Bruder, unseren Kameraden und tapferen Jungen.
Die andern aber werden wir nie finden.°
Das ist die Geschichte der Ausrottung meiner Familie. Und warum mußten sie alle sterben? Weil sie den einfachsten Idealen der Mensch- lichkeit treu blieben! Weil die Söhne einer alten Mutter sich nicht dem Joch der Tyrannei beugten— mußte die Mutter sterben! Weil die Söhne eines Vaters dem Geiste des Rechtes und der Freiheit, in dem sie erzogen waren, treu blieben— mußte der alte Vater sterben. Weil wir es wagten, den Verderbern unseres Volkes zu trotzen— mußte die Schwester sterben| Weil einige den Krallen der allmächtigen Gestapo entwischten— mußte die ganze Schar der ihnen nahestehenden Menschen sterben! Und so wie sie wurden Millionen Menschen diesseits und jenseits der Grenzen zu Tode gehungert, gepeitscht, gefoltert, vergast, vergiftet, erhängt, geköpft und erschossen! Jetzt haben sich die Mörder ver- krochen oder erwarten zitternd ihr Urteil. Keiner von ihnen hat den Mut, sich zu seinen Taten zu bekennen. Keine Stimme erhebt sich für sie. Doch vergeßt dies nicht: Was geschehen ist— geschah in Eurem Na- men! In Eurem Namen wurde geraubt und gemordet! Und die Welt fragt Euch: Was habt Ihr getan, dem Mißbrauch Eures Namens ein
Ende zu machen? i
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